Unglück Gesunde Krone, schwache Wurzeln

Trier · Die Eiche, die am 1. Mai im Trierer Weißhauswald umgefallen ist und ein Mädchen verletzt hat, schien äußerlich gesund. Dass der Baum nicht fest im Boden verankert ist, sei nicht zu erkennen gewesen. Den Baumkontrolleur treffe keine Schuld, teilt die Staatsanwaltschaft mit.

 Die Eiche, die am 1. Mai im Trierer Weißhauswald umgekippt ist, hatte nur schwache Wurzeln und war auf dem felsigen Untergrund nicht fest verankert.  Foto: Agentur siko

Die Eiche, die am 1. Mai im Trierer Weißhauswald umgekippt ist, hatte nur schwache Wurzeln und war auf dem felsigen Untergrund nicht fest verankert. Foto: Agentur siko

Foto: Konrad Geidies/Agentur siko

Stamm, Äste, Laub und Krone: Alles, was von der Eiche mit bloßem Auge zu sehen war, schien gesund. Dass der etwa 30 Meter hohe Baum trotzdem nur schwache und feine Wurzeln hatte und deshalb unsicher stand, sei für den städtischen Baumkontrolleur nicht zu erkennen gewesen: Zu diesem Ergebnis kommt der Sachverständige, den die Trierer Staatsanwaltschaft mit einem Gutachten beauftragt hatte zu der Eiche, die am 1. Mai im Trierer Weißhauswald umgekippt ist.

Baum sei im „oberirdischen Bereich in Wachstum und Entwicklung weitgehend arttypisch gewesen, die Belaubung der Jahreszeit angemessen“, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag mit.

Faulstellen, Verletzungen oder „sonstige relevante Schäden am Stamm seien nicht feststellbar gewesen“. Die Eiche habe damit den „Eindruck eines vitalen Baumes“ gemacht. Dass er nicht standfest war, hätte der Baumkontrolleur, der den Baum im November 2017 untersuchte, nicht erkennen können.

Es gebe daher auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kontrolleur seiner Aufgabe nicht sorgfältig genug nachgekommen sei. Er habe nicht fahrlässig gehandelt. Daran, dass die Eiche beim Umfallen ein Kind an Kopf und Arm verletzt hat, trage der zuständige Mitarbeiter des städtischen Grünflächenamtes daher keine Schuld. „Die Staatsanwaltschaft hat das Ermittlungsverfahren daher eingestellt“, erklärt Peter Fritzen, Leitender Oberstaatsanwalt.

Der Stadtverwaltung fiel bei der Nachricht, dass es diesmal offenbar keine Gerichtsverhandlung geben wird (siehe Info), am Freitag ein Stein vom Herzen: „Wir bedauern den Unglücksfall, sind aber erleichtert, dass das Verfahren eingestellt und die Mitarbeiter damit entlastet wurden“, erklärte Rathaussprecher Michael Schmitz auf Nachfrage des Trierischen Volksfreunds.

Zwar liege der Stadtverwaltung das Gutachten bislang nicht vor, „aber offenbar zeigt es, dass die Mitarbeiter das Problem trotz der vorgeschriebenen Kontrollen nicht hätten feststellen können“.

Abgeschlossen ist der Fall damit allerdings noch nicht. Denn Schuld daran, dass der Baum nur schwache Wurzeln ausgebildet hat und nicht – wie bei Stieleichen üblich – mit einem festen, tiefreichenden Wurzelsystem im Boden verankert war, ist laut Gutachten der steinige Standort. Auf dem „massiven Felsuntergrund mit nur flachgründiger Bodenauflage“ im Wildgehege des Weißhauswaldes habe die Eiche keine „Starkwurzeln in genügender Anzahl ausbilden können“, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft.

Ein Standortproblem hatte auch der bundesweit anerkannte Baumexperte Hans-Joachim Schulz bereits Mitte Mai als Ursache für den Baumsturz vermutet. „Es ist keine tiefe Verwurzelung zu erkennen, augenscheinlich war die Eiche nur sehr flach verwurzelt“, hatte der Begründer der Richtlinien, nach denen auch die Stadt Trier die Standfestigkeit ihrer Bäume kontrolliert, bereits vor einigen Wochen anhand eines Fotos von Stamm und Wurzelballen erklärt (TV vom 22. Mai). Anders als der von der Trierer Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter ist Schulz allerdings sicher, dass die Krone wegen der Wurzelschwäche nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt gewesen sein kann und dem Baum sein Nährstoffmangel daher anzusehen gewesen sein muss. Für eine nochmalige Stellungnahme war der promovierte Baumexperte am Freitag nicht zu erreichen.

Im Buntsandsteinhang des Wildschweingeheges im Weißhauswald stehen Dutzende weitere Eichen. Ohne sich konkret auf den umgefallenen Baum zu beziehen, hatte Gundolf Bartmann, Leiter des Trierer Forstamtes, nach dem 1. Mai erklärt: „Generell kommen Eichen in solch felsigem Gelände sehr gut zurecht.“ Stieleichen seien grundsätzlich in der Lage, tief reichende Pfahlwurzeln zu bilden. „Gerade wegen ihrer Stand- und Sturmfestigkeit gelten Eichen daher ja als gute und geeignete Stadt- und Parkbäume“, sagte Bartmann Mitte Mai.

Warum das offenbar auf die umgefallene Eiche nicht zugetroffen hat, dazu könne er sich ohne Kenntnis des Gutachtens nicht äußern, erklärte der Forstamtsleiter am Freitag auf TV-Nachfrage. Auch dazu, ob das Ergebnis des Gutachtens bedeutet, dass die anderen Eichen im Umfeld des Unglücksbaums gefällt oder im Wurzelbereich gesondert überprüft werden müssen, könne er zurzeit noch keine Stellung beziehen.

Rathaussprecher Michael Schmitz erklärte ebenfalls, dass es noch zu früh dafür sei, über mögliche Folgen für die anderen Bäume im Wildgehege zu spekulieren. „Wir werden das Gutachten ausführlich lesen, daraus unsere Schlüsse ziehen und auch weiterhin alles dafür tun, um solche Fälle zu verhindern – wenn es in unserer Macht steht.

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