Getrenntes Wohnen

Wasserbilligerbrück und Longen haben eins gemeinsam: eine vielbefahrene Durchgangsstraße trennt den Ort und legt das soziale Leben lahm. An der Sauer hat das eine Uni-Studie untermauert.

 Nicht zuletzt wegen der vielen Tanktouristen ist die Verkehrsbelastung in der Ortsdurchfahrt von Wasserbilligerbrück (B 49) sehr hoch. TV-Foto: Albert Follmann

Nicht zuletzt wegen der vielen Tanktouristen ist die Verkehrsbelastung in der Ortsdurchfahrt von Wasserbilligerbrück (B 49) sehr hoch. TV-Foto: Albert Follmann

Wasserbilligerbrück/Longen. "Offenbar hat hier ein Dorf resigniert." Zu diesem Schluss kommt Waldemar Vogelgesang, Soziologe an der Uni Trier, nach der Auswertung einer Haushaltsbefragung an der Unteren Sauer (der TV berichtete). Das Dorf, das er meint, ist Wasserbilligerbrück, ein Ortsteil von Langsur mit 102 Einwohnern. Die Bewohner haben die Umfrage genutzt, um einmal ihren ganzen Frust über die Ortsdurchgangsstraße, die B 49, abzuladen: Rund 14 000 Fahrzeuge (Zählung von 2005) fahren hier täglich mit allen negativen Nebenwirkungen wie Lärm, Abgasen und gefährlichen Situationen beim Überqueren der Straße.

"Schritt für Schritt sind hier die gemeinschaftlichen Aktivitäten abgebrochen, es ist soziales Niemandsland", sagt Vogelgesang. Eine Kneipe als Treffpunkt gibt es nicht mehr, auch der Tante-Emma-Laden hat zugemacht. Soziale Kontakte gebe es kaum von einer Straßenseite zur anderen, bestätigt Patricia Greenway-Pauly, die seit zehn Jahren in dem deutsch-luxemburgischen Grenzörtchen wohnt. Selbst die Kinder im Ort hätten keinen Kontakt untereinander, weil sie unterschiedliche Schulen besuchten und die Straße ein Spielen im Ort unmöglich mache.

Autofahrer ("Fast alle ignorieren Tempo 30") sollte man laut Greenway-Pauly wenigstens mit einer optischen Anzeigetafel auf ihr Tempo-Gewissen stoßen, noch besser wären Verkehrskontrollen der Polizei an beiden Ortsenden.

Im Sommer will die Gemeinde Langsur ein Bürgertreffen in Wasserbilligerbrück veranstalten, um über Verbesserungen im Ort zu sprechen. Geplant ist laut Ortsbürgermeister Rüdiger Artz eine Neugestaltung der Inseln und Parkbuchten an der B 49. Wegen der vielen Spurrillen werde die Straßendecke voraussichtlich 2012 erneuert.

Besonders Kinder und Ältere haben es schwer

 Diese Insel an der Longener Ortseinfahrt soll das Tempo aus Richtung Schweich senken. TV-Foto: Archiv/Friedhelm Knopp

Diese Insel an der Longener Ortseinfahrt soll das Tempo aus Richtung Schweich senken. TV-Foto: Archiv/Friedhelm Knopp



Die kleine Moselgemeinde Longen zwischen Schweich und Mehring leidet unter derselben Problematik wie Wasserbilligerbrück. Auch dort trennt eine stark frequentierte Bundesstraße, die B 53, den etwa 100 Einwohner zählenden Ort. An Werktagen werden rund 15 000 Durchfahrten gezählt. Besonders Kinder und Ältere haben es schwer, sicher diese Verkehrsader zu überqueren, die in den 50er Jahren noch ein verträumtes Dorfsträßchen war.

Heute teilt die Straße den Ort in ein Ober- und Unterdorf. Darunter leidet auch das innerörtliche Miteinander. Wegen seiner beengten Lage zwischen Steilhang und Moselufer lässt sich Longen mit einfachen Mitteln nicht umgehen. Der in den 70er Jahren angedachte Bau einer Umgehungsstraße hätte sich nur mit gewaltigem Aufwand verwirklichen lassen - über eine Dammaufschüttung entlang der Mosel, die sich von der Longuicher Brücke bis hin zum Mehringer Ortsteil Lörsch gezogen hätte.

"Das Projekt ist heute längst vom Tisch", winkt Ortsbürgermeister Hermann Rosch ab. Seit vielen Jahren ringen er und sein Ortsgemeinderat mit dem Landesbetrieb Mobilität (LBM) Trier um jede kleine Verbesserung. Fast zehn Jahre hatte es gedauert, bis das Land am Ortseingang aus Richtung Schweich eine tempomindernde Fahrbahninsel einbaute (der TV berichtete). Gerast wird aber nach wie vor aus der anderen Richtung - dort bremst noch keine Insel die heranfliegenden Fahrzeuge ab. Bisher verweigert der LBM eine weitere Fahrbahninsel. Begründung: Die Fahrbahn sei dort zu eng.

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