Gewaltfreie Friedenskämpfer

TRIER. Gewaltfrei gegen Gewalt - vor 25 Jahren wurde die Arbeitsgemeinschaft Frieden gegründet. Kein Kind der Friedensbewegung, galt die AGF in den 80-er Jahren dennoch als Trierer Hort des Protests gegen Rüstungswettlauf und atomare Bewaffnung. Dass Verfassungsschutz und Stasi die Friedensbewegten ins Visier nahmen, empfinden diese bis heute als Auszeichnung.

Rauch steigt auf, Flammen lodern aus einem Helm der Nationalen Volksarmee (NVA). AGF-"Veteran" und Peace-Brigadist Werner Huffer-Kilian hat ein Zeichen gesetzt "gegen die zunehmende Militarisierung der deutschen Menschenrechtspolitik", wie er sagt. Brennender Protest zum Fest: Im Trierer Friedens- und Umweltzentrum (FuZ) feiert die AGF an diesem Abend ihren 25. Geburtstag. Huffer-Kilian, erklärter "Zivildienstverweigerer", hat seinen Wehrpass verbrannt. Plötzlich weht mit dem Rauch auch ein Hauch von Nostalgie durch das FuZ in der Pfützenstraße. Stolz und Wehmut mischen sich und für einen Moment ist die Stimmung wie politisiert. Ist ja nicht irgendein Verein, der sich da feiert.AGF beschäftigte die Geheimdienste

Frohsinn dominiert die interne Jubiläumsfeier, und Thomas Zuche, hauptamtlicher Friedensarbeiter von 1987 bis 1992, berichtet vom Kampf in den Leserbriefspalten des TV : Mit einem Konditor und einer Schneiderin lieferte man sich die heftigsten Schreibgefechte, was den "Vater" der AGF, Klaus Jensen, zum Reimen veranlasste: "Jänschke und Monz - flexible Response". Zuche war am 12. März 1979 mit dabei, als sich die AGF im Haus Fetzenreich gründete. Ein Jahr zuvor hatte der Neu-Trierer Klaus Jensen die Idee, in Trier Friedenswochen nach niederländischem Vorbild anzubieten. Aus der ersten Friedenswoche wurden dann gleich zwei Monate; 15 Organisationen sorgten für 24 Veranstaltungen, die rund 6500 Menschen anzogen. Eine derart große Resonanz hatten die Gewaltgegner nicht erwartet. Folgerichtig gründeten Jensen und Co im Jahr darauf die AGF. Dem ersten Vorstand gehörten Zivildienstleistende und Studenten ebenso an wie Hausfrauen und ein Polizist. Ob vor Raketenbasen, auf Militärflugplätzen oder bei Ostermärschen - mit den Trierern musste gerechnet werden. Selbst kein Kind der Friedensbewegung, mischte die AG vorne mit. Und sie sorgte im katholischen Trier für so etwas wie eine alternative Szene. Wobei es vor allem linke Christen waren, die die AGF lange Zeit dominierten, wie Thomas Kupczik, Initiator ungezählter Friedensgebete und Mahnwachen.Zahl der Mitstreiter geht merklich zurück

1992 trat Kupczik Zuches Nachfolge an im Hinterhof der Palaststraße. Kupczik war wenige Tage im Amt, da erlebte Trier die bis heute größte Demonstration der AGF: Mehr als 6000 Menschen nahmen an einem Mahngang gegen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit teil; es war die Zeit der Lichterketten. Die AGF hat sich in all den Jahren nicht nur Freunde gemacht. Beispielsweise legte die DDR-Staatssicherheit eigens eine Akte über die "feindlich-negativen Kräfte" aus dem Westen an; die AGF hatte Kontakt zu Oppositionellen in Triers Partnerstadt Weimar aufgenommen. Auch der rheinland-pfälzische Verfassungsschutz ermittelte irrtümlich gegen die Friedensbewegten wegen Terrorismusverdacht. "Wir haben Geheimdienste in Ost und West beschäftigt, das ist doch keine schlechte Visitenkarte", sagt Zuche, stolz schmunzelnd. Kosovo und Irak-Krieg, Ausreisezentrum und Flüchtlingsarbeit - an Aufgaben mangelt es auch Markus Pflüger nicht, seit vier Jahren Referent für Friedensarbeit. Doch die Zahl der Unterstützer sei zurückgegangen, bedauert er. Zwar zähle die AGF noch 250 Mitglieder, doch zur Versammlung schafften es gerade mal ein Dutzend Leute. Vorstandsmitglied Stefan Weinert glaubt: "Wenn wir noch einmal 25 Jahre durchhalten wollen, müssen wir uns ganz schön anstrengen."

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