Gift unter der Schul-Aula?

TRIER. Während des Bodenabbruchs in der Aula des Hindenburg-Gymnasiums fand eine Trierer Firma zwischen PVC und Estrich eine schwarze Substanz. Das Unternehmen ließ den Stoff analysieren und verärgerte damit die Stadtverwaltung massiv, die den Abbruchauftrag sofort kündigte. Denn die Analyse ergab eine aus Sicht der Firma zu hohe Schadstoff-Konzentration.

"Das Zeug kam uns sofort verdächtig vor", berichtet Reinhard Ellert. Seine GmbH war als günstigster Anbieter von der Stadtverwaltung mit dem Abbruch von 275 Quadratmetern Boden in der Aula des Hindenburg-Gymnasiums beauftragt worden. Als dabei der schwarze Kleber ans Tageslicht kam, wollte Ellert kein Risiko eingehen und schickte eine Probe der unbekannten Substanz an ein unabhängiges Institut. Der Prüfbericht der Institut Koldingen GmbH aus Burgwedel (Niedersachsen) liegt dem TV vor."Nachweislich Krebs erzeugend"

Das Ergebnis: Die PAK-Summe liegt bei 190 Milligramm pro Kilogramm. "Der Grenzwert liegt bei 50", betont Reinhard Ellert. Markus Rupprecht vom Institut Koldingen hält eine PAK-Summe von 190 für einen "alles andere als unbedenklichen Wert", fügt im Gespräch mit dem TV allerdings hinzu: "Wir sind ein reiner analytischer Dienstleister und haben lediglich die Probe untersucht. Über den Zustand des Gebäudes in Trier können wir absolut nichts sagen." PAK ist die Abkürzung für polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe. In Gebäuden sind sie hauptsächlich zu finden in teer- und pechhaltigen Klebstoffen und Farben unter Holzparkett und Holzfußboden und Asphalt-Fußbodenbelägen. Die Fachliteratur bezeichnet zahlreiche PAK als "nachweislich Krebs erzeugend". Ein Auszug aus der Internet-Datenbank der Enuis AG aus Nürnberg: "Viele PAK wirken giftig auf das Immunsystem und die Leber, schädigen das Erbgut und reizen die Schleimhäute." Reinhard Ellert informierte das Amt für Gebäudewirtschaft über die Sachlage. "Ich habe ein Nachtragsangebot im Bezug auf die Beseitigung des schwarzen Klebers angekündigt", sagt der Abbruch-Fachmann. "Zu diesem Angebot gehörten auch entsprechende Schutzmaßnahmen für die Mitarbeiter, die mit dem Stoff in Kontakt kommen." Von einem solchen Angebot wollte die Stadtverwaltung jedoch nichts wissen. Im Gegenteil: Das Amt für Gebäudewirtschaft kündigte den Auftrag mit sofortiger Wirkung. Die Begründung: "Das Vertrauensverhältnis zu Ihrem Unternehmen ist nachhaltig gestört." Außerdem bestritt das Amt die vom Institut Koldingen gelieferten Ergebnisse: "Eine von uns in Auftrag gegebene Überprüfung des Materials ergab keine PAK-Konzentration." Der schwarze Kleber wurde dennoch beseitigt - vom Bürgerservice. "In Jeans und T-Shirts haben die Mitarbeiter des Bürgerservice diesen Dreck abgekratzt und über eine Schuttröhre abtransportiert. Dabei gab es jede Menge Verwirbelungen, auch in Richtung Schulhaus", sagt Reinhard Ellert. Seine GmbH legte Widerspruch gegen die Kündigung ein. Das städtische Presseamt bestätigte auf TV-Anfrage die Kündigung. "Die Firma Ellert hatte, ohne dazu beauftragt gewesen zu sein und ohne einen Vertreter des Bauherrn hinzuzuziehen, die Beprobung des abzubrechenden Bodenbelags veranlasst" , so Ralf Frühauf. "Danach konfrontierte die Ellert GmbH die Stadt mit Analyseergebnissen, die eine Sonderbehandlung des abzubrechenden Materials erforderlich gemacht hätten." Doch eine Sonderbehandlung sei aus Sicht der Stadtverwaltung nicht nötig. "Die Stadt Trier hat die Analytis Gesellschaft für Laboruntersuchungen mbH beauftragt, die Bodenbeläge, den Kleber und den Estrich zu untersuchen."Analyseergebnisse nicht bestätigt

Die Analyseergebnisse des Labors Koldingen konnten nicht bestätigt werden, die Analytis-Messungen lagen "deutlich unter den jeweils zu beachtenden Grenzwerten". Deshalb sei es für den Bürgerservice auch kein Problem gewesen, den Bodenbelag samt Kleber und Estrich ohne besondere Schutzvorkehrungen abzubrechen. Martina Sehl, kommissarische Leiterin des Hindenburg-Gymnasiums, erklärte auf Anfrage des TV: "Wir haben es schriftlich, dass es keine Schadstoff-Belastungen gibt." Besteht die Möglichkeit, dass der unter dem Aula-Boden gefundene schwarze Kleber auch im restlichen Schulgebäude vorhanden ist? Sehl: "Mir wurde gesagt, dass der Kleber harmlos ist, so lange er nur unter dem Boden liegt und nicht abgebrochen oder aufgewirbelt wird." Ralf Frühauf ergänzt: "Im Rahmen der großen Sanierung wurden 1997 alle Böden der Schule bis auf die Aula erneuert."

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