Gleiche Lebensbedingungen oberstes Gebot

Mit dem Landesentwicklungsprogramm (LEP) IV gibt das Land den Kommunen Ziele und Leitbilder an die Hand, die bis zum Jahr 2015 Gültigkeit besitzen sollen. Das LEP war nun Thema im VG-Rat Trier-Land.

 Die Pläne des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV bergen viel Zündstoff. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Pläne des Landesentwicklungsprogramms (LEP) IV bergen viel Zündstoff. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Geschlagene zweieinhalb Stunden befasste sich der Verbandsgemeinderat Trier-Land am Mittwochabend mit dem LEP IV. Das mehr als 200 Seiten starke Werk ist quasi die "Bibel" für die Entwicklung von Rheinland-Pfalz bis ins Jahr 2015 hinein. Wie andere Gebietskörperschaften auch, soll die VG Trier-Land bis spätestens 30. Juni eine Stellungnahme zur vierten Auflage dieses seit 1968 herausgegebenen Programms abgeben. Dem Wunsch des Rates nach mehr Informationen zum LEP IV kamen das Land und die Kreisverwaltung mit hochkarätigen Experten nach: Aus dem Mainzer Innenministerium war der Leitende Ministerialrat Hans-Egon Baasch angereist; auch der Leiter der Landespflege bei der Kreisverwaltung, Joachim Mayerhofer, stand Rede und Antwort.Angst um Beschneidung der Selbstverwaltung

Und der Klärungsbedarf ist groß: Insbesondere befürchten die Räte und Ortsbürgermeister, dass das LEP IV die kommunale Selbstverwaltung einschränkt. "Sollen Zuständigkeiten, die per Gesetz den Gemeinden übertragen sind, nun durch Verwaltungsverfahren beiseite geschoben werden?", fragte Beigeordneter Karl-Heinrich Orth. Lokale Kernkompetenz werde eingeschränkt, so der Tenor bei den Fraktionsvorsitzenden, und Bürgermeister Wolfgang Reiland hegt die Sorge, dass die Mainzer Pläne die Auswirkungen des boomenden Standorts Luxemburg auf die deutsche Grenzregion nicht gebührend berücksichtigen.Die Ziele seien nur in wenigen Punkten so konkret, dass Folgen klar beschrieben seien, sagte Baasch. Es gehe nicht darum, per Order von oben die kommunale Selbstverwaltung einzuschränken, vielmehr wolle das Land steuernd eingreifen, um Fehlentwicklungen zu vermeiden. Oberste Maxime des LEP sei es, gleiche Lebensbedingungen in allen Landesteilen zu erreichen. Habe das 1995 erstellte LEP III noch den europäischen Binnenmarkt und die Folgen der Wiedervereinigung als Schwerpunkte gehabt, so stehe diesmal die Demografie, die Sicherung der Daseinsvorsorge und die Bewahrung der natürlichen Ressourcen im Vordergrund. "Es wird nicht mehr an allen Orten alles vorgehalten werden können. Das ist finanziell nicht mehr leistbar", sagte der Raumplaner, und warb dafür, sich mit dem LEP auseinanderzusetzen. Am Beispiel von Schulen machte er deutlich, was die Bewahrung gleicher Lebensbedingungen bedeuten könnte: Während es in Städten angesichts des Rückgangs der Schülerzahlen durchaus zumutbar sei, eine wenige Autominuten entfernte andere Schule aufzusuchen, müsse man in einem ländlichen Zentrumsort auch kleinere Klassen erhalten. Baasch: "Hier ist es unzumutbar, die Schüler zwei Stunden bis zum nächsten Zentrum durch die Gegend zu schicken." Kreisplaner Joachim Mayerhofer äußerte den Wunsch, dass Mainz klarer herausstellen sollte, dass der kommunale Handlungsraum weiter bestehe. Er bekomme immer wieder von Räten und Ortsbürgermeistern zu hören, dass Kommunalpolitik sonst keinen Spaß mehr machen würde. Laut Mayerhofer wird sich der Kreisausschuss am 7. Mai mit dem LEP IV befassen. Meinung Politischer Tsunami Mit dem LEP IV hat das Innenministerium einen kommunalpolitischen Tsunami ausgelöst. Räte und Ortsbürgermeister befürchten, dass sie ihr Allerheiligstes, die kommunale Selbstverwaltung, verlieren und sich aus der Landeshauptstadt die Regulierungswelle über sie ergießt. Das LEP ist mit vielen Vorurteilen behaftet. Dabei ist das Strukturpapier weder eine Bibel, noch ist es Teufelszeug. Der Besuch des Mainzer Raumplaners im Rat von Trier-Land hat gezeigt, dass es schlicht und einfach an Aufklärung fehlt. Mainz hat unterschätzt, dass das LEP IV für die Gebietskörperschaften eine viel größere Tragweite hat als alle anderen LEP zuvor. Denn die Auswirkungen des demografischen Wandels sind so gravierend, dass mancherorts Schulen, Kindergärten oder Sportstätten von der Schließung bedroht sind. In Ratssälen und Bürgermeisterstuben kursiert die Angst vor dem Bannstrahl aus Mainz und der Abstrafung durch verärgerte Bürger bei der nächsten Wahl. Dabei hat das LEP auch viele Vorteile. Der größte ist sicherlich, dass sorgsamer mit Geld und Ressourcen umgegangen werden muss, um künftige Generationen zu entlasten. a.follmann@volksfreund.de

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