Graben nach Gräbern nahe der Trierer Porta geht weiter

Trier · Nahe der Porta Nigra ist ein neues großes Wohnbauprojekt angelaufen. Erneut müssen erst die Archäologen ran, denn die Häuser entstehen auf dem Gelände des römischen Friedhofs.

Graben nach Gräbern nahe der Trierer Porta geht weiter
Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"

Trier-Nord Es ist fast wie beim Dinner for one: The same procedure as last year? Yes! Das, was sich im letzten Jahr auf dem ehemaligen Friedrich-Grundstück abgespielt hat, wiederholt sich nun nur wenige Meter weiter südlich. Dieselbe Straße, derselbe Investor mit einem Bauprojekt wie gehabt - auf demselben geschichtsträchtigen Untergrund.
Konkret: Wolfgang Schäfer (Schillingen) plant mit seiner Firma Ifa ein weiteres Wohnungsbauprojekt in der Paulinstraße, diesmal auf dem Areal der Häuser 10 und 12 und des dahinter liegenden früheren Verma-Lebensmittelmarktes, aber erst einmal müssen noch einmal die Archäologen ran. Grund: Beide Baugrundstücke liegen inmitten des nördlichen Gräberfeldes des römischen Trier. Fundwahrscheinlichkeit: sehr hoch.
Bei den neunmonatigen Grabungen 2016 auf dem Ex-Friedrich-Gelände kamen auf einer Fläche von rund 2000 Quadratmetern und bis in 3,50 Meter Tiefe mehr als 300 Bestattungen aus der Zeit von 30 bis 260 n. Chr. zum Vorschein (der TV berichtete). Überraschend: Nur zu 60 Prozent waren es Urnen mit der Asche Verstorbener. Dass in den übrigen Grabstätten mehr oder weniger gut erhaltene Skelette lagen, gibt Aufschlüsse über die Toten. Es waren wohl Menschen, deren Hinterbliebene sich die damals übliche Feuerbestattung nicht leisten konnten.
Im Hinterhof der Häuser Paulinstraße 10-12, wo die Archäologen aus dem Landesmuseum seit Juni graben, bietet sich ein etwas anderes Bild. "Wir haben bisher rund 75 Bestattungen von der Mitte des ersten bis ins frühe dritte Jahrhundert gefunden. Zwei Drittel davon sind Körpergräber", berichtet Grabungsleiter Albert Hill (52). Was aber keineswegs bedeute, dass der bis in die 1980er Jahre betriebene Verma-Markt auf einem "Ganz-arme-Leute-Teil" des römischen Nordfriedhofs gestanden hat. "Nein", sagt Hill, "der Boden ist hier sehr gestört. Die obersten Schichten wurden bereits im Mittelalter abgetragen." Und viele Urnen mitgenommen. Allerdings haben Hill und sein Team noch nicht einmal die Hälfte ihrer Untersuchungsarbeit hinter sich. Die ruht derzeit, weil der Abriss der Häuser Paulinstraße 10 und 12 gerade begonnen hat. Bis Ende des Jahres soll Tabula rasa herrschen, dann geht's weiter mit dem Graben. Voraussichtlich bis März, bei witterungsbedingten Zwangspausen aber auch länger. Ifa-Chef Schäfer will "keinen Druck machen". Die Grabungen, an denen er sich per Investorenvertrag finanziell beteiligt, seien "sehr wichtig. Auch für mich persönlich, denn die Trierer Stadtgeschichte fasziniert mich", sagt der 60-jährige Ingenieur. Die Möglichkeit, erneut in der Paulinstraße Flächen zu kaufen und bebauen zu können, habe sich kurzfristig ergeben, als das Projekt auf dem Ex-Friedrich-Gelände (die 46 Wohnungen und zwei Ladenlokale plus Tiefgarage sollen bis Ende 2018 fertig sein) bereits angelaufen war. Das neue Vorhaben umfasst zwei Häuser mit 40 Eigentumswohnungen zwischen 40 und 170 Quadratmetern, eine Gewerbeeinheit und eine Tiefgarage mit 47 Stellplätzen. Geplant wurde das Ganze von Tochter Daniela Schäfer-Anell (36). Die Fertigstellung ist für Ende 2019 vorgesehen. Die Investitionskosten liegen laut Wolfgang Schäfer bei rund 15 Millionen Euro und damit etwa so hoch wie bei seinem ersten Paulinstraßen-Projekt.Extra: ZWEI GROßE FRIEDHÖFE VOR DEM RÖMISCHEN TRIER

 180 Jahre alt und bald verschwunden: Die beiden Häuser hinter der Absperrung müssen für das Neubauprojekt weichen. Sie stehen nicht unter Denkmalschutz.

180 Jahre alt und bald verschwunden: Die beiden Häuser hinter der Absperrung müssen für das Neubauprojekt weichen. Sie stehen nicht unter Denkmalschutz.

Foto: roland morgen (rm.) ("TV-Upload morgen"


Das war schon in der Antike so: Wo viele Menschen leben, bedarf es großer Friedhöfe. Das römische Trier mit bis zu 50 000 Einwohnern im vierten Jahrhundert hatte zwei ausgedehnte Gräberfelder. Sie lagen den Gepflogenheiten entsprechend außerhalb des Siedlungsgebiets und entlang der Ausfallstraßen. Der Nordfriedhof ersteckte sich von der Porta Nigra bis nach St. Paulin, der Südfriedhof etwa von der Töpferstraße bis nach St. Medard.

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