Grillen im Gras, Tanzen am Ufer

Trier · Kann Trier von Frankfurt abgucken, wie es geht, das Flussufer wieder zu beleben? Die Architektin und Landschaftsplanerin Marie-Theres Deutsch meint ja. Bevor auf dem Podium diskutiert wurde, nahm sie in der Europäischen Kunstakademie 70 Interessierte mit auf zwei Spaziergänge via Leinwand - mal am Mainufer, mal am Moselufer.

Trier. Marie-Theres Deutsch hat einen Blick für verborgene Schätze. Das hat die gebürtige Triererin schon oft bewiesen. Auch Ende der 90er Jahre in ihrer Wahlheimatstadt Frankfurt: Verschütteten Toilettenanlagen am Mainufer etwa hat sie aus dem Dornröschenschlaf verholfen. Heute floriert dort ein Café.
Unzählige "verlorene Orte" hat sie am einst toten Mainufer aufgespürt - und mit Hilfe vieler Mitstreiter, von Investoren bis Stadtplanern, wiederbelebt. "Die Nähe zur Politik spielt dabei eine große Rolle", sagte Deutsch. In Frankfurt sei sie glücklicherweise auf einen Politiker gestoßen, der offen für ihre Ideen gewesen sei. Die Visionärin war nun auch zwei Tage lang am Trierer Moselufer unterwegs - und hat dabei bereits sechs verlorene Orte und sogar einige Parallelen zu Frankfurt ausgespäht. Am Main stieß die Architektin auf die Vogelinsel, in Trier auf die Pferdeinsel in Nähe des Katharinenufers. Warum baut man Geschichte dort nicht weiter? fragte die Referentin. So wie nun in Frankfurt.
Auch der Tunnel und Parkplatz am Martinskloster, das nicht permanent genutzte Haus der Karnevalsgesellschaft Heuschreck, der Treppengang am Uhrtürmchen sowie das Umfeld des Weltkulturerbes Römerbrücke hat laut Deutsch viel ungenutztes Potenzial in sich. "Es muss nicht direkt am Ufer sein", gab die Architektin zu bedenken. Vielmehr sei es wichtig, mehrere Angebote zu schaffen. Denn Konkurrenz belebe das Geschäft.
Lust auf die Stadt am Fluss


Deutschs Vortrag war ein Teil der vom Fachbereich Gestaltung der Hochschule Trier und der Europäischen Kunstakademie organisierten Veranstaltung. Sie war mit dem sperrigen Titel "Mainlust & Main-Mosel-Transfers oder: Lust auf die Stadt am Fluss" überschrieben. Rund 70 Interessierte erlebten zwei anregende Stunden in der Europäischen Akademie.
Nach der Halbzeit saß die Impulsgeberin vom Main mit Christoph Heckel von BGHplan Trier, Gabriele Lohberg, Leiterin der Europäischen Kunstakademie, und Iris Wiemann-Enkler, Leiterin des Stadtplanungsamtes, auf dem Podium. Franz Kluge, Dekan des Fachbereichs Gestaltung an der Hochschule Trier, moderierte die Diskussion. "Lernen kann man immer", meinte die Leiterin des Stadtplanungsamtes. Wiemann-Enkler kündigte an, zwei, drei Impulse aus der Veranstaltung mitzunehmen und "im Haus mal anzuschieben". Sie betonte, dass bei der Entwicklung des Trierer Moselufers der Wille und die Unterstützung der Bürger mitentscheidend seien.
Gabriele Lohberg sagte, dass der in Flussnähe gelegene Campus für Gestaltung der Hochschule Trier eine Brücke zu der Europäischen Kunstakademie als Moselanrainer in Trier-West schlagen sollte. Und zwar eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer, ähnlich der Brücke gegenüber dem Städel in Frankfurt.
"Es existiert bereits Leben am Moselufer", bemerkte Student Moritz Bolle. Viele Studenten ziehe es im Sommer an den Fluss - etwa zum Grillen und Musikhören. Seiner Meinung nach fehlen Visionäre und Macher in Trier.
Im Publikum fielen die Impulse der Frankfurterin offenbar auf fruchtbaren Boden. Vielleicht gelingt in den nächsten Jahren der Brückenschlag zwischen den vielen kreativen Köpfen der Stadt Trier und der Politik. Die Frankfurterin hat jedenfalls spürbar einen Prozess angestoßen.

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