"Grün in der Stadt" ist vergangen und vergessen

Trier · "Grün in der Stadt" war ein zentrales Trierer Motto zwischen Oktober 2004 und September 2005. Im Auftrag der Stadt plante und diskutierte die Lokale Agenda 21 mit Experten und Bürgern. Heute herrscht Ernüchterung, die Welle der damaligen Zustimmung ist ausgelaufen - auch politisch. Stattdessen streitet Trier um die Zukunft der Tankstelle Ostallee.

Trier. Disney will um die Porta Nigra herum einen Römer-Erlebnispark bauen - wegen des schönen Umfelds. Der Alleenring wird zum Herzstück einer Bundesgartenschau in Trier. Zwei nicht ganz ernst gemeinte Meldungen einer Zukunftsausgabe der Rathauszeitung aus dem Jahr 2030. Man findet sie im Anhang des Abschlussberichts, den die Arbeitsgruppe Alleenring im Rahmen von "Grün ist die Stadt" vorgelegt hat. Neben diesen Fantasien enthält der Bericht auf 50 Seiten Ideen, Ansätze und Vorschläge zur Steigerung der Lebens- und Landschaftsqualität im Alleenring; jeder Punkt ist ernst gemeint. Zeljko Brkic ist einer der beiden Geschäftsführer der Lokalen Agenda 21. Seine Meinung ist klar: "Wir erwarten von der Verwaltung und vom Stadtrat, dass sie die mit enormer Energie und hohem Engagement über Monate hinweg erarbeiteten Konzepte berücksichtigt." Gerade im Alleenring, denn "das ist ein schwieriger Bereich". Vor allem einer, in dem "Grün in der Stadt" nie konkret gegriffen hat.
Die Lokale Agenda bringt abstrakte allgemeine Ziele auf eine kommunale Augenhöhe. Themen wie Klimaschutz, Beschäftigungsförderung und Verkehrsentwicklung prägen die Arbeit der 1998 per Ratsbeschluss ins Leben gerufenen und ausgestatteten Institution. Um urbane Lebensqualität ging es ab 2004 in "Grün in der Stadt". Drei Arbeitsgruppen legten Konzepte vor, die in zwei Fällen - Mattheiser Wald und Nells Park - zu Initialzündungen vieler positiver Veränderungen wurden.
Störfaktor Tankstelle Ostallee



Doch der damaligen Arbeitsgruppe Alleenring wird es schwerfallen, solche Veränderungen in ihrem Spezialgebiet festzustellen. "Wir warten immer noch, dass hier etwas passiert", sagt Brkic. "Doch es gibt gewaltige Interessenkonflikte." Damit meint er nicht nur die immer noch ungebrochene Dominanz des Verkehrs, sondern auch einzelne Störfaktoren. Eine davon ist die Tankstelle Ostallee, die schon im Abschlussbericht 2005 als Quelle von Lärm und Müll auftaucht. Doch für die Zukunft dieser Tankstelle treten heute Tausende im Internet ein, und das beeindruckt offenbar auch den Stadtrat, der Ansätze erkennen lässt, den Pachtvertrag über 2012 hinaus zu verlängern (der TV berichtete). "Wir wollen sicher niemandem weh tun, auch nicht dem Pächter und seinen Mitarbeitern", betont Brkic. "Aber es ist doch klar, dass sehr viele der Menschen, die im Internet für die Tankstelle eintreten, junge Leute mit wenig Interesse an einer positiven Innenstadtentwicklung sind." Eines ist für den Geschäftsführer der Lokalen Agenda 21 klar: "Der Stadtrat muss die unter Beteiligung vieler Bürger erarbeiteten Ergebnisse von 2005 berücksichtigen." Und diese Ergebnisse sagen, die Tankstelle soll weg.Meinung

Der Verkehr ist das Problem
Der Stadtrat sitzt in einer Zwickmühle. Entscheidet er im November gegen die Tankstelle Ostallee, muss er den Zorn und die Rache der Internet-Gemeinschaft fürchten, die für die blaue Lagune kämpft. Stimmt er dagegen für die Tankstelle, macht er die Aktion "Grün in der Stadt" im Bezug auf den Alleenring endgültig zum Muster ohne Wert und brüskiert alle, die sich damals dafür eingesetzt haben. Es ist für den Rat viel zu spät, die Tankstelle jetzt doch noch zu kippen. Dafür haben sich einige Fraktionen bereits zu weit aus dem Fenster gelehnt. Es wäre auch die falsche Entscheidung. Das schöne Bild eines Alleenrings mit hohem Naherholungswert fällt oder steht nicht wegen einer Tankstelle. Nicht die nächtlichen Kunden von Pächter Lothar Schmitz, sondern die täglich durch die Innenstadt rollenden Blechlawinen sind das Problem. Grün wird die Stadt deshalb nur, wenn sie ihren Verkehr endlich in den Griff bekommt. j.pistorius@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort