Grundschüler erlernen ihre Mundart

Etwas Großes, etwas ganz Außergewöhnliches wollten die Verantwortlichen für die bevorstehenden Feierlichkeiten anlässlich der 100-Jahr-Feier der Mertesdorfer Grundschule am 29. Mai 2010 zu bieten haben. Vor einem Jahr wurde daher unter anderem die Arbeitsgemeinschaft (AG) "Mundart" gegründet.

Kasel/Mertesdorf. Französisch beginnt im Kindergarten, und Englisch ist fast schon selbstverständlich. Kinder sollen heute früh an Fremdsprachen herangeführt werden. Doch das regionale Idiom der eigenen Muttersprache gilt inzwischen als überholt. Die Grundschule Mertersdorf ermuntert indessen zum Umdenken.

"Früher, als noch nicht so viele Schüler die Gymnasien besuchten, galten Dialekt sprechende Kinder tatsächlich noch als Hinterwäldler", sagt Rita Albrecht. Aus ihrer Erfahrung als eine von drei Lehrpersonen der "Kaseler Mundart-AG" aber weiß sie, dass das heutzutage wieder ganz anders aussieht. "Unsere Kinder ernten sogar eher Bewunderung", berichtet sie. "Das alte Kaseler Platt mit all seinen ganz eigenen Lauten neu zu erlernen ist schließlich genauso schwierig wie das Erlernen einer Fremdsprache", sagt sie.

"Da es keine offizielle Schriftsprache für die Kaseler Mundart gibt, geht das Ganze nur übers Lesen und immer wieder Nachsprechen."

Neben Gedichten und Texten aus den Büchern ihres Großonkels, Peter Schroeder alias "Peter von der Mosel" und der Kaseler Heimatdichterin Maria Peters nutzt sie dazu auch altersgerechte, jugendliche Sprechweisen. "Ideal sind da Witze", sagt Albrecht. "Darüber lassen sich die Kinder am einfachsten ansprechen". Daher haben die Lehrer aus Jugendbüchern schon selber "Witziges" in Kaseler Mundart umgewandelt.

Schulleiterin Sonja Sommer: "Wir werden die Mundart-AG auf jeden Fall auch nach dem Schulfest noch weiterführen. Die positive Resonanz aus den Reihen der Eltern und vor allem der Großeltern ist riesig und bestätigt uns. Das Alte darf nicht verlorengehen", sagt sie. "Mundart zu erlernen heißt auch, sich mehr mit seiner Heimat verbunden zu fühlen. Außerdem erhöht es die Aufmerksamkeit, zum Beispiel beim Aufsatzschreiben, wenn die Kinder nach den richtigen Worten suchen."

In der Sprache der Großeltern reden können



Die acht Jungs, die an der AG teilnehmen, sind in jedem Fall mit Begeisterung bei der Sache: "Da haben unsere Großeltern extra für uns Hochdeutsch gepaukt, und jetzt können wir uns doch auf Platt mit ihnen unterhalten", freut sich der zehnjährige Alexander. Während Niklas schon beim Sprechen der alten Namen "Hännes" und "Klääs" ganz doll lachen muss, meint Alexander weiter:

"Beim Aufsatz muss man schon überlegen, welches Wort jetzt richtig ist. Aber das ist alles gar nicht so schwer. Man kann das trotzdem gut unterscheiden. Das liegt einem eben einfach im Blut."

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