Günstige Mieten statt Luxuswohnungen

Trier · Gering- und Normalverdiener haben es in Trier schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Die Baugesellschaft GBT plant nun ein neues Mehrfamilienhaus zum günstigen Mietpreis von 5,95 Euro pro Quadratmeter. Gebaut werden allerdings nur 13 Wohnungen. Der ungestillte Bedarf an Sozialwohnungen liegt in Trier jedoch bei rund 2000 Wohnungen.

 GBT-Vorstand Stefan Ahrling (links) und Projektleiter Wilhelm Keul (rechts) besprechen vor Ort die Pläne für die neuen Sozialwohnungen in Quint. TV-Foto: Friedemann Vetter

GBT-Vorstand Stefan Ahrling (links) und Projektleiter Wilhelm Keul (rechts) besprechen vor Ort die Pläne für die neuen Sozialwohnungen in Quint. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Ein Katzensprung bis zur Autobahn nach Luxemburg, 500 Meter zum Bahnhof Quint, die Bushaltestelle vor der Tür und außer diesen guten Verkehrsanbindungen auch noch Meulenwald und Moselradweg in Spucknähe: Werden solche Wohnungsneubauten in Trier angekündigt, folgt meist zwei Zeilen später ein so stolzer Kauf- oder Mietpreis, dass es Normalverdiener schüttelt.
Diesmal ist das anders: Wer in das Mehrfamilienhaus, das die Trierer Wohnungsbaugesellschaft GBT an der Koblenzer Straße in Quint baut (siehe Extra), einzieht, zahlt nur 5,95 Euro Miete pro Quadratmeter. Ein Preis, für den in der City kaum eine vernünftige Wohnung zu bekommen ist. Auch in Quint könnte die GBT angesichts des angespannten Markts für ihre neuen Wohnungen wohl ohne weiteres höhere Miete erzielen. Darf sie aber nicht. Denn das Kapital für das 2,5-Millionen-Euro Bauprojekt leiht sich die GBT beim Land Rheinland-Pfalz.
Dieses hat im vergangenen Sommer ein zinsgünstiges Förderprogramm für den Bau sogenannter Sozialwohnungen aufgelegt. Wer sich der günstigen Kredite bedient, darf die Wohnungen später allerdings nur zu einer festgelegten, relativ niedrigen Miete verpachten.
Die GBT hat sich allerdings nicht aus wirtschaftlichen Gründen für das Förderprogramm entschieden. Im Gegenteil: "Das Landesprogramm bietet gegenüber einem Kredit auf dem freien Markt - wo Baugeld derzeit sehr günstig zu bekommen ist - nur einen Zinsvorteil von rund 1,5 Prozentpunkten. Dieser Vorteil wird schnell davon aufgefressen, dass die späteren Mietpreise gedeckelt sind", erklärt GBT-Vorstand Stefan Ahrling.
Dass die Baugesellschaft sich trotzdem für den sozialen Wohnungsbau entschieden hat, hängt mit ihrer Geschichte zusammen. Gegründet wurde die GBT zunächst als Genossenschaft. Auch als spätere gemeinnützige Gesellschaft hatte sie den klaren öffentlichen Auftrag, günstigen Wohnraum für Gering- und Normalverdiener zu schaffen. "Das steht auch so noch in unserer Satzung", erklärt Ahrling, "und das nehmen wir ernst."
Trotzdem hat die GBT seit den frühen 1990ern keine Sozialwohnungen mehr gebaut. "Bevor die Landesregierung das Förderprogramm neu aufgelegt hat, war das schlicht kaum zu finanzieren", erklärt Ahrling.Hoher Ausbaustandard


Auch der Bau in Quint muss sich aus den niedrigen Mieten refinanzieren. "Das bedeutet aber nicht, dass wir billige Baumaterialien verwenden", betont GBT-Projektleiter Wilhelm Keul. Zwar würden bei Fliesen, Bodenbelägen und Badkeramik günstigere Waren verwendet als zum Beispiel beim Wohnhaus, das die GBT derzeit vis-à-vis der Kaiserthermen errichtet. Der Verkaufspreis für die Luxuswohnungen dort liegt allerdings auch bei rund 3800 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. "Der Ausbaustandard wird allerdings auch in Quint hoch sein - allein schon deshalb, weil es bei Mietwohnungen auf gute, strapazierfähige Materialien ankommt, die nicht so schnell Gebrauchsspuren annehmen."
Das Sozialwohnungsbauprojekt der GBT wertet der Trierer Oberbürgermeister als Ergebnis seiner Politik. Klaus Jensen hatte im vorigen Jahr in Trier ein Bündnis für bezahlbaren Wohnraum gegründet, um die Branche für das Thema zu sensibilisieren. Auch an der Neuauflage des Mainzer Förderprogramms hat er mitgewirkt und im Frühjahr den Stadtrat eine entsprechende Quote beschließen lassen: Bei allen künftigen Neubauprojekten in Trier müssen 25 Prozent der Wohnungen als Sozialwohnungen errichtet werden (der TV berichtete). "Ich freue mich, dass unsere Bemühungen um eine Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus jetzt Früchte tragen!", erklärte Jensen auf TV-Nachfrage.Extra

Der Bau des GBT-Mehrfamilienhauses auf einer Brachfläche in der Koblenzer Straße soll im Herbst beginnen und im Frühjahr 2016 bezugsfertig sein. Auf zwei Vollgeschossen und einem zurückversetzten Staffelgeschoss entstehen 13 Wohnungen zwischen 50 und 90 Quadratmetern. Das Erdgeschoss wird barrierefrei ausgebaut. Mieter benötigen einen Wohnberechtigungsschein. Die Einkommensgrenzen für diesen wurden mit dem neuen Landesförderprogramm neu definiert und höher angesetzt. Ein Vier-Personen-Haushalt (zwei Erwachsene, zwei Kinder) erhält einen Wohnberechtigungsschein bis zu einem Jahresbruttoeinkommen von etwa 55 400 Euro. Infos: www.isb.rlp.de Nach Auskunft der Stadtverwaltung gibt es derzeit in Trier noch 7 282 Sozialwohnungen mit gedeckelten Mieten. Rund 9 450 Haushalte in Trier hätten nach einer Erhebung eines unabhängigen Instituts allerdings einen Anspruch auf eine Sozialmietwohnung. Der ungedeckte Bedarf liegt demnach bei knapp 2200 Wohnungen. Die Schere wird in den nächsten Jahren wohl weiter auseinandergehen. Denn die Mietpreisbindung bei Sozialwohnungen endet nach einer gewissen Laufzeit. Bis 2019 werden daher bei rund 32 Prozent der heutigen Trierer Sozialwohnungen die Mietpreisbindungen enden, bis 2024 wird nur noch die Hälfte der heutigen Sozialwohnungen gedeckelte Mieten haben. wocExtra

Die GBT Wohnungsbau und Treuhand AG hat 2013 einen Bilanzgewinn - nach Steuern und Rücklagen - von rund 769 000 Euro erwirtschaftet. Bei der jüngsten Hauptversammlung stimmten die Aktionäre einer Renditeausschüttung von sechs Prozent, gemessen an der Eigenkapitaleinlage von gut 10,2 Millionen Euro, zu. Für die Stadt Trier, die an der GBT 37, 64 Prozent hält, bedeutet das eine Gewinnausschüttung von 230 940 Euro. Weitere 61,44 Prozent der GBT gehören der Provinzial Rheinland Versicherung AG, die übrigen 0,92 Prozent der Aktien besitzen Kleinaktionäre. 2013 hat die GBT aus dem Verkauf von Grundstücken und Häusern rund 1,5 Millionen Euro erzielt. In den Neubau von Wohn- und Geschäftshäusern (vor allem in zwei Projekte in Bitburg und Neuwied sowie in die geplante Wohnanlage in der Trierer Weberbach) wurden im vergangenen Jahr rund 4,97 Millionen Euro investiert. Damit steckt die Baugesellschaft in einer Investitionsphase. 2012 befand sich die GBT dagegen in einer Abverkaufsphase und erzielte mehr als fünf Millionen Euro durch den Verkauf von bebauten Grundstücken, investierte allerdings nur gut 723 000 Euro in den Bau neuer Wohnungen. Der Gesamtjahresüberschuss ist im Vergleich zum Vorjahr um rund 400 000 Euro gesunken. Dafür hat die GBT allerdings auch eine knappe Million Euro mehr für die Instandhaltung und Bewirtschaftung ihrer Liegenschaften ausgegeben als im Vorjahr. Bei der Jahreshauptversammlung entlasteten die Aktionäre den GBT-Vorstand für das Geschäftsjahr 2013 einstimmig. woc

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