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Da liegen sie nun rum, die armen. Alleingelassen, umgekippt, verwahrlost in Vorgärten, am Straßenrand oder als Fußgänger-Schikane mitten auf dem Bürgersteig. Die Rede ist von Weihnachtsbäumen, und die Rede ist von jenen, die das Schicksal in eine Stadt wie Trier verschlagen hat.

Für sie bietet das Leben nur einen echten Höhepunkt - Heiligabend und die folgenden Wochen, in denen sie geschmückt im Wohnzimmer repräsentative Aufgaben erfüllen dürfen. Danach ist schnell Schluss mit lustig. Kugeln runter und ab auf die Straße. Trostloses Warten auf die Müllabfuhr, dann das geschredderte Ende als Kompost. Immerhin: Als solcher hat auch ihr Leben nach dem Tod noch einen Sinn. Trotzdem habe ich als Eifler in Trier in diesen Tagen angesichts der rumgammelnden Nadelhölzer Mitleid mit den armen F(W)ichten am Straßenrand. Denn ich weiß: Ihren Artgenossen in der Eifel geht es zur gleichen Zeit viel besser. Sie werden - wenn sie ihre erste Pflicht als Schmuckstück erfüllt haben - immer noch heiß begehrt. Sie werden gesammelt, und es wird sich mitunter sogar um sie geprügelt. Sie treffen ihre Kumpels aus der Schonung wieder, und sie arbeiten auf einen weiteren, heißen Höhepunkt in ihrem Leben hin: den Burgsonntag. Dann, am ersten Sonntag der Fastenzeit, glänzen noch einmal die Kinderaugen - und die vieler Erwachsener dazu - wenn aus Weihnachtsbäumen, Holz und Strohballen errichtete "Burgen" auf den Eifelhöhen in Flammen aufgehen. Statt als schnöder Kompost zu enden, dürfen die Christbäume symbolisch den Winter verbrennen - welch eine Aufgabe! Und komme mir jetzt bloß kein Spaßverderber mit der Klimaerwärmung…

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