guten_morgen_woc_1405

Das lässt sich alles bei uns wunderbar darstellen", sagt der äußerst zuvorkommende Mann an der Theke des Wellness-Tempels zu mir. Darstellen? Was gibt's denn bitteschön "darzustellen", wenn man eine Fußmassage und ein Buttermilch-Bad haben will?

"Darstellen" hat als Begriff vor einigen Jahren Einzug gehalten bei den Finanzleuten. Die benutzen "darstellen" häufig als euphemistische Beschreibung ihrer Zahlenakrobatik: Bei gleicher Ausgangslage lässt sich da mal das eine, mal das andere zwar nicht streng genommen nachweisen, aber eben doch "darstellen". Darstellen heißt in diesem Fall offenbar so viel wie: "Das kann man so sehen, muss man aber nicht, ich übernehme jedenfalls nicht die Verantwortung." In diesem Sinn ist die Verwendung von "darstellen" mit viel gutem Willen gerade noch nachvollziehbar. Überall, wo sonst eine Sache oder Situation nicht mit symbolischen, grafischen, zeichnerischen oder schriftstellerischen Mitteln oder auf irgendeine andere Art der Darstellung wichtigtuerisch "dargestellt" wird, nicht. Zum Beispiel, wenn meine Bekannte die Einladung ins Kino ablehnt: "Das lässt sich für mich heute nicht darstellen." Gemeint war: "Ich habe keine Lust." Oder: "Ich habe keine Zeit." Klingt zwar weniger wichtig, ist aber wesentlich sympathischer. Oder der Moderator im Fernseh-Verkaufskanal: "Diese Sommerblusen lassen sich in Baumwolle wunderbar darstellen!" Sagen wollte er wohl: "Baumwolle ist ideal geeignet für diese Sommerbluse." "Darstellen" ist jedenfalls meine neue Lieblings-Hassfloskel. Ganz dicht gefolgt von "Da nich' für" als Replik auf "Danke".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort