Händler fordert: Schilderwald muss weg

Trier · Statt sich Sorgen um mögliche neue Einkaufscenter des Investors ECE zu machen, sollten Innenstadthändler und Verwaltung dafür sorgen, dass die City attraktiver aussieht. Michael Müller, Betreiber der Blauen Hand, präsentiert fünf zentrale Forderungen.

Trier. Der Plan des Hamburger Projektentwicklers ECE, in der Simeonstraße und am Viehmarkt neue Einkaufcenter zu errichten, ist bereits jetzt das zentrale politische Thema des Jahres in Trier. Michael Müller war bis Anfang Juni Präsident des Einzelhandelsverbands Region Trier und wurde dann von Georg Kern abgelöst. Jetzt ist Müller Vorsitzender des Ausschusses im Einzelhandelsverband, der in der Diskussion um die ECE-Pläne die Interessen des Trierer Einzelhandels vertreten soll.
Diese Pflicht geht seiner Ansicht nach aber weit über Vereinbarungen und Verhandlungen mit dem Investor hinaus. Die simple Gleichung: Eine höhere Attraktivität bedeutet mehr Anziehungskraft, eine stärkere Kundenbindung und damit höhere Umsätze. "Die Trierer Innenstadt muss attraktiver werden, und das ist auch aus eigener Kraft möglich", sagt Müller, der das Bekleidungshaus Zur Blauen Hand führt. Im Gespräch mit dem TV präsentiert Müller fünf Forderungen. Jede einzelne trifft eine typische und traditionelle Trie rer Problem- und Konfliktzone. Bei der Stadt Trier stößt Müller mit seinem Forderungskatalog laut Ralf Frühauf vom Presseamt "auf offene Ohren". Er greife schließlich auch städtische Bemühungen oder Initiativen auf. Der TV stellt hier die Forderungen Müllers vor sowie die Reaktion der Stadtverwaltung:

1. Werbung
Die Forderung: Händler in der Innenstadt können nicht in jeder beliebigen Form und Größe auf ihre Leistungen und Angebote aufmerksam machen. Sie sind an die Werbesatzung gebunden, die der Stadtrat 2008 beschlossen hat. Diese Satzung legt fest, dass Werbung in der historischen Innenstadt dezent sein soll. Schilder dürfen beispielsweise nicht zu groß sein, nicht zu hoch hängen und auch nicht leuchten. Aber: Anlagen, die älter sind als diese Satzung, genießen Bestandsschutz. Die strengeren Regeln der Satzung gelten nur für Händler, die neu eröffnen oder ihre Werbeanlagen ändern.
"Dieser Bestandsschutz muss aufgehoben werden", fordert Michael Müller. Der Wald an Werbeschildern müsse ausgedünnt werden, die Innenstadt würde davon profitieren. Die Stadt solle den Händlern eine Frist setzen, innerhalb derer sie ihre Werbung den Kriterien der Satzung anpassen müssen.
Das sagt die Stadt: Die Bemühungen zur Umsetzung finden laut Stadtverwaltung immer größere positive Resonanz. Werbeanlagen seien generell nur auf Widerruf genehmigt, auch die, die es vor Inkrafttreten der Satzung schon gegeben habe. Bis dato habe die zuständige Bauaufsicht noch in keinem Fall diese Genehmigung widerrufen, da die Stadt dann mit langwierigen Rechtsstreitereien rechne. Es sei davon auszugehen, dass sich das Stadtbild im Laufe der Jahre den Erfordernissen der Satzung anpasse, denn die Geschäfte wechselten ja aus Marketinggründen häufig ihre Werbeanlagen.

2. Sondernutzung
Die Forderung: Viele Händler wollen ihre Aktivitäten nicht nur auf ihre Ladenräume beschränken - vor allem im Sommer. Tische, Stühle, Blumenkübel, Wühltische oder Werbetafeln im Straßenraum vor der Ladentür erfordern allerdings eine Sondernutzungserlaubnis der Kommune. Diese will Michael Müller komplett streichen - für Händler, nicht für die Gastronomie. "Davon würde das Stadtbild enorm profitieren."
Das sagt die Stadt: Die Erfüllung der Forderung würde zwingend die Änderung der Sondernutzungssatzung erfordern. Die Verwaltung hat die Nachprüfung, ob die heutigen Regelungen noch zeitgemäß sind, laut Ralf Frühauf bereits ins Auge gefasst. Daran werden die Interessenvertreter der Betroffenen beteiligt. Voraussichtlich im Herbst solle mit Gesprächen begonnen werden, zu denen die City-Initiative Trier, der Einzelhandelverband, die Industrie- und Handelskammer sowie der Hotel- und Gaststättenverband eingeladen werden. Eine geänderte Satzung müsse dann wieder der Stadtrat beschließen.

3. Sauberkeit
Die Forderung: Müller sieht die Verwaltung in der Pflicht. "Die Säuberungstakte für die Müllkörbe in der Innenstadt müssen erhöht werden. Diese Behälter laufen viel zu oft über."
Das sagt die Stadt: Falls die Beobachtung von Michael Müller über regelmäßige Überfüllung der Müllbehälter zutrifft (wird überprüft), wird die Stadtreinigung nach Aussage von Dezernentin Simone Kaes-Torchiani mit einem intensiveren Reinigungsturnus in der Fußgängerzone reagieren.

4. Beleuchtung
Die Forderung: In diesem Bereich sieht Michael Müller vor allem in den Wintermonaten ein hohes Potenzial für Trier. "Ein Beleuchtungskonzept muss mehr Ordnung in die Innenstadt bringen und könnte beispielsweise gewährleisten, dass die Beleuchtung etwa ab 23 Uhr einheitlich zurückgefahren und dezenter präsentiert wird."
Das sagt die Stadt: Mit dem Grundsatzbeschluss des Stadtrates vom 11. Dezember 2012 wurde die Verwaltung beauftragt, ein Konzept für den Betrieb der Straßenbeleuchtung zu erstellen. Ein Bestandteil dieses Konzepts ist die Erstellung eines Lichtmasterplans für die Stadt Trier zur Festlegung der Standards der Straßenbeleuchtung. Eine Ausschreibung ist laut Ralf Frühauf bereits erfolgt. Für die Erstellung des Lichtmasterplans wird ein Zeitraum von etwas sechs Monaten veranschlagt.
5. Sicherheit
Die Forderung: Die Zahl der Diebstähle, Schlägereien und Überfälle in der Innenstadt ist bedenklich hoch, sagt der Chef der Blauen Hand. "Hier muss sich etwas ändern." Ein Appell sowohl an die Polizei als auch an den kommunalen Vollzugsdienst des Ordnungsamts. Der Ortsbeirat Trier-Mitte/Gartenfeld hat bereits im Februar über dieses Problem diskutiert. Roman Schmitz, der Leiter des Vollzugsdiensts, plädierte in dieser Sitzung dafür, mehr als bisher in die Streetwork-Arbeit zu investieren, um der Prävention noch mehr Gewicht zu verleihen.
Das sagt die Stadt: Verbrechensbekämpfung ist nicht Sache der Stadt und des Ordnungsamts, sagt Ralf Frühauf, sondern der Polizei. Die Bemühungen der Stadt in Bezug auf präventive Jugendarbeit/Streetwork seien in den vergangenen Jahren kontinuierlich verstärkt worden.
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.Meinung

Endlich bewegt sich was
Michael Müller gehört eigentlich nicht zu den lauten Vertretern seiner Branche. Als Präsident des Einzelhandelsverbands war er eher unauffällig, überließ es weitgehend dem Geschäftsführer des Verbands, in der Öffentlichkeit zu agieren, meldete sich selbst nur selten zu Wort. Das hat sich seit Bekanntwerden der ECE-Pläne für ein weiteres Einkaufszentrum in Trier drastisch geändert. Nun wagt sich Müller sogar mit einem Forderungskatalog in die Öffentlichkeit. Der ist zwar formal an die Stadt gerichtet, er enthält aber zugleich auch eine Menge Kritik an seinen eigenen Branchenkollegen, auch wenn Müller das nicht direkt so formuliert. Aber es sind schließlich erst mal die Einzelhändler selbst, die das Stadtbild mit mehr oder weniger passender Fassaden-Werbung oder Wühltischen beeinflussen. Dafür wird Müller folglich nicht nur Beifall aus den eigenen Händlerreihen bekommen. Viele Trierer aber werden Müller sicher recht geben mit seiner Kritik. Wenn es nun eine Debatte darüber gibt, wie die Trierer Innenstadt aufgewertet werden kann, und wenn die Einzelhändler dabei selbst auch noch aktiv und gestaltend mit an Bord sind, dann haben die so umstrittenen ECE-Pläne auf jeden Fall schon mal eine wirklich gute Folge gehabt. m.schmitz@volksfreund.de

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