Hänschen klein, fuhr allein…

TRIER. Aufregung im Zug: Mit Schnuller und ohne Jacke ist ein vierjähriger Ausreißer im Zug vom Trierer Hauptbahnhof Richtung Luxemburg Stadt gefahren. Die Bundespolizei beendete den Ausflug in Wasserbillig.

Sein Schmusetuch hielt er in der Hand und er nuckelte an seinem Schnuller. "Hannes" (Name geändert) saß ohne Jacke und Tasche im Erste-Klasse-Abteil des Zuges, der um 7.52 Uhr vom Hauptbahnhof Trier Richtung Stadt Luxemburg fuhr. Mutterseelenallein. So beschreibt die Mitfahrende Monika Rausch-Schnitzler die ungewöhnliche Situation. Achselzucken und Staunen

"Der Junge trug Windeln und sprach nur sehr unverständlich", sagt Rausch-Schnitzler. Den Namen seiner Oma und den Stadtteil, in dem er wohnt, seien die wenigen Worte gewesen, die sie dem jungen Passagier entlocken konnte. Sie nahm den trotz großer Abenteuerlust verunsichert wirkenden Mitreisenden in den Arm, ging mit ihm durch den Zug und fragte die Fahrgäste, ob das Kind zu jemandem gehöre. Die Reaktionen: Achselzucken und Staunen. Auch der Schaffner hatte zunächst nur ein "ja, der fährt alleine" übrig. Monika Rausch-Schnitzler, selbst Mutter zweier Kinder, empfand die Situation als "einfach nur furchtbar". Endlos viele Fragen seien aufgetaucht: Wie ist er in den Zug gekommen? Wo will er hin? Was tun? Die spärliche Kleidung und das vermeintliche Alleingelassensein des Jungen ließen sie weiter handeln. Per Handy fragte sie am "Service-Point" des Trierer Hauptbahnhofs nach, ob ein kleiner Junge vermisst werde. "Nein, hier wird niemand vermisst", bekam sie dort als Antwort. Mittlerweile hatte der Zug schon mehrere Bahnhöfe passiert und der Schaffner reagiert. "Der Zugbegleiter hat die Leitstelle der Bundespolizeiinspektion Trier informiert", sagte Ralf-Metzen, Pressesprecher der Trierer Inspektion auf TV-Anfrage. Am Bahnhof im luxemburgischen Wasserbillig habe der Zugbegleiter den Jungen an einen weiteren Bahnbediensteten übergeben. "In Absprache mit den Kollegen der Luxemburger Polizei holte eine Streife der Bundespolizei den Jungen dort ab. Den eingesetzten Beamten erzählte der Kleine, dass er vier Jahre alt sei und er sagte seinen Namen", berichtete Metzen. Seine Wohnadresse habe er nicht nennen können, "er konnte den Beamten aber zeigen, wo er wohnt". Zuhause habe ein Onkel den Vierjährigen erwartet. Er habe den Jungen bereits gesucht. Metzen: "Nach einer kurzen Überprüfung wurde er dann, mit seiner Zustimmung, in die Obhut seines Onkels gegeben." Da die genauen Umstände der "Reise" durch die Bundespolizei laut Metzen nicht geklärt werden konnten, wurde das Jugendamt über die Exkursion des Ausreißers informiert. Ralf Frühauf, Pressesprecher der Stadt Trier: "Wir haben die Familienverhältnisse überprüft. Es ist alles in Ordnung." Ab vier Jahre ohne Begleitperson

Die Familie sei davon ausgegangen, dass er schlafe, während den kleinen Ausreißer die große Abenteuerlust packte, so Frühauf. Wie er die Kilometer von seinem Zuhause zum Bahnhof schaffte und warum er auf große Fahrt gehen wollte, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Auch gegen die Eisenbahnverkehrsordnung habe er - wahrscheinlich unwissentlich - nicht verstoßen. Hartmut Lange, Pressesprecher der Deutschen Bahn (DB) in Frankfurt, sagt: "Nach Paragraph acht der Eisenbahnverkehrsordnung, dürfen Kinder bis zum vollendeten vierten Lebensjahr nur in Begleitung einer Aufsichtsperson fahren." Heißt: "Ab vier Jahre können sie alleine fahren", sagte der DB-Sprecher.

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