Häuschen mit kleinem Garten Eden

Longuich · Seit 2001 gestalten die Longens ihr Weingut um: eine Lagerhalle, einen Verkaufsbereich und ein neues Restaurant. 2009 entscheiden sie sich für ein besonderes Projekt: Es sollen kleine Winzerhäuschen zur Übernachtung gebaut werden.

Longuich. Klein, aber fein: 20 Stück sind es an der Zahl. In Reih und Glied stehen sie nebeneinander, jedes Häuschen geschmückt mit einem kleinen Gärtchen. Obst- und Walnussbäumchen, Linden, Kastanien, eine Rosenlandschaft. Jeder Garten ist individuell.
Das sind die 2012 neu errichteten Winzerhäuschen auf dem 6000 Quadratmeter großen Weinkulturgut Longen-Schlöder. Allesamt wurden sie von Mailands Stararchitekt Matteo Thun in Zusammenarbeit mit dem Architekturbüro Stein-Hemmes-Wirtz gestaltet. Die Besitzer des Weingutes Sabine und Markus Longen konnten ihr Glück kaum fassen: "Wir haben uns sehr über die Zusage des Architekten gefreut." So hängt die Bestätigungsmail für das "Ja" zur Zusammenarbeit eingerahmt in ihrem neu konzipierten Gästehaus. Auch die Planung dieses Gebäudes ist von Thun erarbeitet worden. Dort können die Besucher in einer offenen Frühstücks-Lounge mit Blick auf die Weinberge schlemmen. Markus Longen erzählt, dass die Idee einer Übernachtungsmöglichkeit schon im Jahr 2002 aufkam. Viele Gäste hätten damals nachgefragt, ob sie übernachten könnten. 2009 war sich das Ehepaar dann sicher: "Die ganze Sache war noch nicht richtig rund. Es hat einfach noch etwas gefehlt." Bewusst haben sich beide für den Architekten Matteo Thun entschieden: "Er steht für Zurückgenommenheit und Klarheit", sagt Markus Longen. Außerdem waren sie überzeugt von dem Konzept der Nachhaltigkeit. Für den Bau ist ausschließlich Material aus der Region verwendet worden. Die Außenfassade besteht aus lokalem Schiefer und die Türen sind aus Eichenholz. Auch der Innenbereich ist lokales Gebiet.
TV-Serie Wein und Architektur



"Matteo Thun steht für null Kilometer, null CO{-2} und null Müll", sagt Sabine Longen. Alle Handwerker kamen aus dem Umkreis. "Das war echte Wirtschaftsförderung in der Region", meint sie.
Der Stil und die Einrichtung der gemütlichen Schlafplätze lehnen sich an die Arbeits- und Geräteschuppen der Winzer an. Sie dienen unter anderem als Schutzhütten bei Gewittern, als Lagermöglichkeit und zur Einnahme von Mahlzeiten zwischen der Arbeit. Die meisten Weinbergshäuschen stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Drei Jahre Planung und Ausführung liegen hinter dem Ehepaar. "Unser Projekt hat nie stillgestanden", sagt die Besitzerin. Allein für die Winzerhäuschen und das neue Gästehaus hat das Ehepaar 2,3 Millionen Euro investiert.
Arbeit und Geld haben sich ausgezahlt: 2013 erhielten Longens den Architekturpreis für ihre Winzerhäuschen. Vergeben wird der Preis vom rheinland-pfälzischen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und Forsten, dem Deutschen Weinbauverband und der Architektenkammer Rheinland-Pfalz.
"Wir haben uns sehr über den Preis gefreut. Ich hatte an dem Tag der Auszeichnung Geburtstag. An dem Abend konnten wir mit Matteo Thun dann doppelt feiern", sagt Sabine Longen.
Und auch das Publikum scheint zufrieden. "Ich freue mich besonders über unsere jungen Gäste, die zu ihrem Jahrestag oder an ihrem ersten Date zu uns kommen", sagt Markus Longen. Die Vielzahl verschiedener Generationen auf dem Weingut mache es zu etwas Besonderem.
Extra

1937 kaufte Franz Schlöder das Weingut in Longuich am Kirchenweg, um seinen Weingutsbetrieb weiter ausdehnen zu können. In dieser Zeit diente es als Wohnhaus seiner drei Schwestern und als Weinkeller. Nach seinem Tod führten seine Großmutter und seine Mutter das "Weingut Franz Schlöder" weiter. 1964 ging es in den Besitz von Werner und Christel Longen, die Eltern des heutigen Besitzers, über. Seitdem trägt es den Namen Weingut Longen-Schlöder. Seit 1999 gehört es Sabine und Markus Longen, die seit 2001 große Umbauten an dem Gut vornahmen. sjsExtra

Sie bauen aus, sie bauen um, sie bauen an: Viele Traditionsweingüter an Mosel, Saar und Ruwer wandeln sich. Eine neue Generation von Winzern stellt sich den Herausforderungen der Zukunft, indem sie auch architektonisch neue Wege geht. In einer sechsteiligen Serie berichtet der TV über Winzerbetriebe, die dabei ihre Vorstellungen ganz unterschiedlich umgesetzt haben. vk

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