Harte Zeiten mit Hartz IV

TRIER. Vom Hoffnungsträger zum absoluten Reizthema: Hartz IV, seit Januar 2005 in Kraft, kostet die Kommunen enorme Summen, statt sie zu entlasten. Der TV sprach mit den Geschäftsführern der Arbeitsgemeinschaften in Stadt und Kreis über ihre Bilanz des ersten Jahres.

Johannes Rautert, Präsident des Trierer Sozialgerichts, kann mit einer gewissen Erleichterung über die Landesgrenze ins Saarland blicken. Schließlich herrscht eine relative Ruhe an seiner Prozessfront: 2005 musste sich das Sozialgericht Trier mit 83 Verfahren um das Arbeitslosengeld II beschäftigen, "wobei es viele dieser Fälle auch ohne die Hartz-IV-Reform gegeben hätte". Das Saarland indes wird von einer Prozesswelle überrollt. Die Zahl der Betroffenen - in den meisten Fällen glauben sie, zu wenig Geld zu bekommen - stieg im Vergleich zu 2004 um 51 Prozent auf mehr als 1000. "Es ist nicht besonders schwierig, Klagen dieser Art nachzuvollziehen", erläutert Rautert. "Die früher gezahlte Arbeitslosenhilfe richtete sich nach dem Einkommen des Empfängers, das Arbeitslosengeld II dagegen nicht. Wer früher viel verdient hat, ist abgerutscht." Der frühere Regierungsbezirk Trier sei indes nicht mit einem Ballungsraum wie Saarbrücken zu vergleichen. "Auch wenn bei uns relative Ruhe herrscht, sieht es in Kaiserslautern schon ganz anders aus." Zwei Arbeitsgemeinschaften sorgen in Stadt und Kreis für die Umsetzung der Hatz-IV-Gesetze. Das 40 Mitarbeiter starke Team von Geschäftsführer Christoph Fuchs kümmert sich in Trier, Saarburg, Konz und Hermeskeil um die steigende Zahl der Bedarfsgemeinschaften im Landkreis Trier-Saarburg. Marita Wallrich betreut zusammen mit 79 Kollegen die Stadt Trier. In der Römerstadt und im Landkreis war 2005 schnell klar, dass die Zahl der Bedarfsgemeinschaften (Personengruppen eines Haushalts) wesentlich höher liegt als ursprünglich angenommen. Damit stiegen auch die Kosten.Entlastung wurde zur Luftnummer

Die vom damaligen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) angekündigten Millioneneinsparungen, sehnlichst erwartet von den leeren kommunalen Kassen, entpuppten sich schnell als Luftnummer. Der Kreis musste 2005 182 000 Euro zuschießen. Trier musste bis zum Jahresende Mehrausgaben in Höhe von 2,7 Millionen Euro verkraften. Christoph Fuchs, Chef der Arge Trier-Saarburg, flüchtet in Optimismus. "Wir haben das Personal aufgestockt, um auf die ständig steigende Zahl der Bedarfsgemeinschaften reagieren zu können." Sein Team betreut 2360 Bedarfsgemeinschaften mit 4431 Menschen. Dennoch, so Fuchs, leiste seine Arge gute Arbeit. "Wir haben die Anzahl der Arbeitslosen im Kreis spürbar gesenkt. Im Februar waren es um die 1800, im Dezember noch 1152." Auch die Arge Trier hat sich personell verstärkt, um mit den Fallzahlen fertig zu werden. 7498 Empfänger von Arbeitslosengeld II musste die Arge Trier im Dezember betreuen. Tendenz: weiter steigend. "Die Arbeitsgemeinschaft musste 2005 natürlich viel Aufbauarbeit leisten. Auch für 2006 haben wir uns sehr viel vorgenommen", betont Marita Wallrich. Zum Beispiel? "Eine differenziertere Zielgruppenarbeit, die Verbesserung der Kundenkontakte und eine schnellere Bearbeitung der Anträge." Welche Erfahrungen haben Sie mit der Umsetzung der Hartz IV-Reform in der Stadt Trier oder im Landkreis Trier-Saarburg gemacht? Schreiben Sie uns an die Adresse echo@volksfreund.de. Ihre Zuschrift sollte maximal 30 Zeilen à 30 Anschläge lang sein und bis heute, 14 Uhr, vorliegen.

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