Hausmannskost und Herzlichkeit

Trier-Euren · Bauern haben sich früher im Gasthaus der Familie Schneider zum Kartenspielen und Vieztrinken getroffen. In der Gaststube gab es den ersten Fernseher im Stadtteil. Außerdem erfanden die Wirtsleute das Sommerfest auf dem Gemeindeparkplatz. Mit dieser 190-jährigen Gasthaustradition ist es bald vorbei. Die Schneiders geben den Betrieb zum Jahresende auf.

 Ihr Gasthaus war ihr Wohnzimmer: Jasmin Schneider (Mitte) und ihre Kinder Silke und Matthias verpachten nach 190 Jahren Familientradition ihre Stube.TV-Foto: Anna-Sophie Schindler

Ihr Gasthaus war ihr Wohnzimmer: Jasmin Schneider (Mitte) und ihre Kinder Silke und Matthias verpachten nach 190 Jahren Familientradition ihre Stube.TV-Foto: Anna-Sophie Schindler

Trier-Euren. "Wenn man ein eigenes Gasthaus hat, hat man nie Feierabend", sagt Jasmin Schneider (65). 40 Jahre hat sie in Schneider\'s Bar und Restaurant gekocht. Ihre Kinder Silke (35) und Matthias Schneider (31) sind mit dem Gasthaus aufgewachsen. "Es war wie unser Wohnzimmer. Jeder Kindergeburtstag und jede Feier wurde in der Wirtschaft abgehalten", sagt Silke Schneider, die nun als Immobilienmaklerin arbeitet.

Weltmeisterschaft im Lokal


190 Jahre lang hat die Familie Schneider in ihrem Haus in Trier-Euren Gäste bewirtet. Mit der Wirtsfamilie verschwindet ein Stück Tradition und Persönlichkeit aus dem Stadtteil, findet manch ein Wegbegleiter. So gab es im Schneider\'s den ersten Fernseher im Bezirk. "Bei einem Fußball-Weltmeisterschaftsspiel kletterten die Jungen sogar auf die Bäume, um einen Blick auf den Fernseher zu bekommen", weiß Silke Schneider aus Erzählungen ihres Großvaters.
Vor allem die Frauen der Eurener Turngruppe bedauern das Aus für das Restaurant. "Eine der Frauen ist schon 93 Jahre alt. Sie kennt noch unsere Urgroßeltern", berichtet Silke Schneider.
Bis Ende der 1970er Jahre war das Gasthaus eine Dorfkneipe mit Hausmannskost. Gekocht wurde auf einem Kohlenherd. Als die Münchnerin Jasmin den Eurener Matthias Schneider heiratete, gestalteten die beiden die Küche um. "Wir schafften einen Gastronomieherd an, und ich kochte gehobene deutsch-französische Gerichte", sagt Jasmin Schneider.
Später stand sie dann zusammen mit ihrem Sohn Matthias am Herd, der eine Kochausbildung im Hotel Römischer Kaiser an der Porta Nigra gemacht hat. Tochter Silke arbeitete nebenberuflich im Service des Gasthauses. "Am meisten habe ich die persönlichen Gespräche mit den Stammgästen gemocht", sagt die Immobilienmaklerin. Auf ihr Eurener Sommerfest sind die Schneiders besonders stolz: "Mit Live-Bands und einem Bierstand haben wir auf dem Gemeindeparkplatz immer ein richtiges Dorffest organisiert", sagt Sohn Matthias.
2004 wurde aus dem damaligen Gasthaus Zur Post das Schnitzelhaus mit 30 statt vorher 66 Hotelzimmern. "Das Konzept ist gut angekommen. Aber mittlerweile hat jede Pizzeria ein Schnitzel auf der Karte", sagt Jasmin Schneider. 2012 renovierten die Schneiders ihr Gasthaus und benannten es erneut um - in Schneider\'s Bar und Restaurant.
Ende des Jahres schließt die Familie jedoch den Betrieb. "Dieser Schritt ist einfach nötig, sonst würde unsere Mama noch zehn Jahre in der Küche stehen. Irgendwann muss man eben aufhören", sagt Matthias Schneider. Ab Februar 2013 verpachtet Familie Schneider dann ihr altes Wohnzimmer in der Eurener Straße 190.

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