Heiße Szenen in Nachbars Bett

TRIER. Bordelle in idyllischen Wohnstraßen? Gibt es, auch in Trier. Wenig verwunderlich, dass Anwohner dagegen Sturm laufen. Doch die Rechtslage ist kompliziert, hartes Durchgreifen der Behörden offenbar schwierig. Heute beschäftigt sich der Stadtrat mit dem brisanten Thema.

Im Nachbarhaus geben sich Freier die Klinke in die Hand, die Kinder stellen Fragen, deren Beantwortung nicht gerade pädagogisch wertvoll ist, und ab und an irrt sich gar einer der Herren in der Haustür: Prostitution in Wohngebieten ist ein Albtraum, der auch den Trierern nicht erspart bleibt. Diesen Sommer sorgte ein - inzwischen auf Initiative der engagierten Nachbarschaft wieder geschlossenes - Bordell in einer der angesehensten Wohnlagen Triers für Aufregung, am Herrenbrünnchen. Gerüchte über rund zwei Dutzend ähnlicher Etablissements in Wohngebieten machen die Runde. CDU-Fraktion stellt Anfrage im Rat

Die Trierer CDU hat das Thema nun auf die Tagesordnung im Stadtrat gebracht. Man sei von mehreren Bürgern kontaktiert worden, die sich belästigt fühlten, begründet Stadtrat Thomas Albrecht die Initiative. Er weiß neben dem Fall Herrenbrünnchen von mindestens einem weiteren in der Agritiusstraße. In der Anfrage, die heute im Stadtrat beantwortet wird, bitten die Christdemokraten um Auskunft darüber, von wie vielen Bordellen in Wohngebieten die Stadt weiß, welche Maßnahmen dagegen geplant sind und ob aus Sicht der Verwaltung eine Änderung der Rechtslage nötig ist. Die Stadt weigerte sich am Mittwoch, vor der Sitzung etwas zum Thema zu sagen. Wenn die unbescholtene eigene Straße ins Zwielicht zu geraten droht, haben die Anwohner ein massives Problem - davon kann man am Herrenbrünnchen trotz des ungewöhnlichen Einsatzes und Zusammenhalts ein Lied singen. Von Behörde zu Behörde wurden die Nachbarn geschickt; die Zuständigkeiten sind schwer zu durchschauen. Dass das Bordell in ihrer Straße Ende September geschlossen hat, führen sie weniger auf die Behörden als auf ihren unermüdlichen Einsatz zurück: Immer und immer wieder sprachen sie die Freier an - bis sich das Geschäft offenbar für die Prostituierten beziehungsweise deren Hinterleute nicht mehr lohnte. An mangelndem Willen der Behörden habe es nicht gelegen, betonen die Anwohner, im Gegenteil: Man sei Ihnen verständnisvoll und hilfsbereit begegnet. Offenbar hapere es aber an Möglichkeiten, durchzugreifen. Die Rechtslage ist unübersichtlich. Bei der ADD hieß es auf TV-Anfrage, Prostitution in Wohngebieten sei grundsätzlich verboten; auf ein entprechendes Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Koblenz aus dem vergangenen Jahr verweist auch CDU-Stadtrat Thomas Albrecht. Warum es dennoch so schwierig ist, gegen Prostitution in Wohngebieten vorzugehen, kann wohl nur die Stadt Trier erklären - und die schweigt, jedenfalls bis zur Sitzung heute Nachmittag. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Rechtsverordnung mit dem bürokratischen Namen "Zum Schutze der Jugend und des öffentlichen Anstandes für Rheinland-Pfalz - Prostitutionsverbote" für Trier eine freizügigere Regelung vorsieht als für Städte wie Kaiserslautern, Ludwigshafen und Mainz. Während dort Prostitution innerhalb der Sperrbezirke generell verboten ist, heißt es weiter: "In Trier ist es verboten, (innerhalb des Sperrbezirks, Anm. d. Red.) der Prostitution auf allen öffentlichen Straßen, Wegen, Plätzen, Anlagen und sonstigen Orten, die von dort aus eingesehen werden können, nachzugehen." Zwar hat die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) diese Verordnung nach Beanstandungen des Oberverwaltungsgerichts Anfang Oktober außer Kraft gesetzt (der TV berichtete), doch die bis zu einer Neufassung geltende ältere Verordnung enthält für Trier gleich lautende Bestimmungen. Auch den Hintergrund dieser Sonderregelung wollte die Stadt bislang nicht erklären.Wie ist Ihre Meinung zum Thema? Schreiben Sie uns. Ihre Zuschrift sollte maximal 30 Zeilen à 30 Anschläge lang sein und bis heute, 14 Uhr, vorliegen. Fax: 7199439; E-Mail: echo@volksfreund.de

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