Herz für vernachlässigte Kinder
TRIER. In Trier-Nord sind ganz kleine Kinder seit 25 Jahren in der Baby- und Krabbelstube in guten Händen. Was als studentisches Projekt begann, ist heute ein anerkannter Verein und eine offizielle Einrichtung.
Am Anfang stand das Engagement von Pädagogikstudenten: "Unsere Erfahrungen in der Spielstube, die in vielen Fällen nicht mehr in der Lage ist, fehlende Grundlagen der ersten drei Lebensjahre zu kompensieren, veranlassten uns, im Bereich der frühkindlichen Erziehung tätig zu werden, was zur Einrichtung der so genannten Babystube führte." Das ist ein Auszug aus der Diplomarbeit von Achim Hettinger. In der Ambrosiusstraße hatte er Anfang der 70er-Jahre mit anderen Pädagogikstudenten eine Wohngemeinschaft gegründet. Schnell sahen die Studenten: Um ihren Wohnort herum lag bei der Kinderbetreuung vieles im Argen, Eltern hatten keine Zeit oder vernachlässigten die Kinder. So begannen die Studenten 1974, Kinder im Kindergarten- und Grundschulalter zu betreuen. Schnell wurde daraus ein Praxisprojekt an der Uni, und ab 1979, also vor 25 Jahren, begannen die Studenten mit ihrer Arbeit mit Kindern unter drei Jahren - die Babystube war geboren. "In der Ambrosiusstraße mieteten wir damals im Haus neben unserer WG zwei Wohnungen", erzählt Achim Hettinger. In der einen wurden die Drei- bis Sechsjährigen betreut, in der zweiten kümmerte man sich um die ganz Kleinen. "Es war sehr eng; jede Wohnung hatte zwei Zimmer, eine kleine Küche und eine Toilette, kein Bad, und dabei mussten die Kleinen doch gebadet werden." Im Mai 1983 schließlich gründete man den Verein "Babystube Nord e.V.". Immer noch wurden die Kinder in dem baufälligen 50er-Jahre-Gebäude in der Ambrosiusstraße betreut. "24 Kinder und vier Erzieherinnen auf 63 Quadratmetern - das war nicht immer einfach", sagt Achim Hettinger. 1996 konnte die Baby- und Krabbelstube im Rahmen der Konversion in die ehemalige französische Schule in der Karl-Grün-Straße 3 einziehen, wo sie heute noch untergebracht ist - unter einem Dach mit der Kindertagesstätte Sonnengarten vom Bürgerhaus Trier-Nord und der Kindertagesstätte Leuchtturm vom Club Aktiv. Insgesamt werden in der Karl-Grün-Straße etwa 100 Kinder betreut. "Der Umzug war toll für uns", erinnert sich die 76-jährige Magda Weber, seit 1988 Vorsitzende des 20 Mitglieder zählenden Vereins Babystube Trier-Nord. Mit viel Eigenleistung habe man die Räume renoviert. Entstanden sind gemütliche Spiel-, Krabbel- und Schmuseflächen für die ganz Kleinen - zwei Gruppen mit je zehn Kindern, die von fünf Erzieherinnen vormittags und für einige Berufstätige auch nachmittags betreut werden. Da sitzen Dreijährige beim Puzzeln, dort schläft ein Säugling friedlich auf dem großen Bett in der Ecke, und ein kleines Mädchen bestaunt einen großen Teddybären, den Erzieherin Marlene Klein ihr vor das Gesichtchen hebt. "Wir wollen die Kinder in jeder Hinsicht schulen - Motorik, Sprache, Hygiene", erklärt Marita Neyses, Leiterin der Babykrabbelstube. Seit 1986 kümmert sie sich um die Kleinen - und um ihre Eltern. "Viele Kinder von früher sind heute selbst Eltern", sagt die engagierte Chefin. Mit der Babybetreuung - inklusive Krankengymnastik und Ergotherapie - und ein wenig Büroarbeit ist ihr Job noch lange nicht getan. "Manchmal kommen die jungen Mütter mit ihren Sorgen zu mir, oft fahre ich zu ihnen nach Hause, gehe auch mal mit ihnen auf Ämter. Das ist nicht nur Kinderbetreuung, das ist auch Lebensberatung", sagt Marita Neyses. Bewusst verstehe man sich als unbürokratische Hilfe für Familien, wo manchmal das Jugendamt vielleicht sagen würde: Hier muss man eingreifen. "Diese Mütter und Väter sind nicht von sich aus unfähig", ist Marita Neyses überzeugt. "Sie müssen nur eine Anleitung bekommen." Austauschen können sich Mütter und Väter beim Elterncafé, es gibt Rot-Kreuz-Kurse, Bastelnachmittage, manchmal fahre man sogar mit jungen Müttern in Urlaub. Im Laufe der Zeit habe die heute anerkannte Kindertagesstätte Erfolge verbuchen können. "Dass ein Kind völlig verlaust zu uns kam", sagt Marita Neyses nachdenklich, "ist schon eine Weile her. Vieles hat sich verbessert in Trier-Nord. Wir sind stolz darauf."