Hilfe aus der Dunkelheit

TRIER. Moro schaut sich um und horcht auf. Der braune Riesenpudel mit dem sanften Gemüt hat ein Kommando von seinem Herrchen bekommen und reagiert sofort. Manfred Mai (63) kann sich auf seinen vierbeinigen Begleiter verlassen, der für ihn die Orientierung übernommen hat.

Weil ihm kein Taxifahrer am Trierer Hauptbahnhof den Weg zur Ausstellung über Hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte ins Bischöfliche Generalvikariat habe erklären wollen, ohne ihn direkt dorthin zu chauffieren, hat sich Manfred Mai, der mit dem Zug alleine aus Koblenz nach Trier gefahren ist, einfach auf eigene Faust auf den Weg gemacht. Nach einigen Metern spricht er Passanten an, die freundlich reagieren und dem 63-Jährigen gerne weiterhelfen. Besonders Moro erntet freundliche Kommentare, wie brav und diszipliniert er sein Herrchen am weißen Geschirr durch die Straßen führe. Moro ist seit zwei Jahren Manfred Mais Blindenführhund und ständiger Begleiter, mit dem er wenig später sein Ziel erreicht. Verheerende Diagnose

Manfred Mai hatte vor etwa 15 Jahren zwei Autounfälle. Sein Arzt überwies ihn an einen Augenarzt, der eine für Mai unerwartete und verheerende Diagnose stellte: Retinitis pigmentosa. Mai leidet unter einem eingeschränkten Gesichtsfeld und seine Sehfähigkeit wird noch weiter nachlassen. "Von heute auf morgen war alles anders. Nach so einer Diagnose fällt man in ein tiefes Loch", sagt Mai. Seinen Job bei der Berufsfeuerwehr musste er an den Nagel hängen, wurde krank geschrieben und ging in den Ruhestand. Eine schwierige Situation für den aktiven Mann. Geholfen habe es ihm, dass der Augenarzt ihn an den Blindenverband vermittelt habe. Dort habe er vom Verein Pro Retina erfahren. "Es ist wichtig, andere Betroffene kennen zu lernen. Die können einem andere Informationen und Tipps geben als Nichtbetroffene." Mit seinem ausgebildeten Führhund Moro hat Mai ein Stück seiner Selbstständigkeit zurückerlangt. "Je schlechter man sieht, desto mehr ist man auf Hilfsmittel angewiesen. Deshalb wollte ich, auch alleine, nach Trier zur Ausstellung. So lange, wie ich kann, will ich mobil bleiben. Wo ich alleine nicht zurecht komme und wo viel Publikumsverkehr ist, kann ich mich auf Moro verlassen." "Ein Blindenführhund stärkt das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein", weiß auch Maria Seitle von der gleichnamigen Blindenführhundschule aus Neuburg. "Ich kenne viele Beispiele, dass Betroffene viel mehr unterwegs, mobiler sind als früher und sich mehr zutrauen." Auch die anderen 30 Aussteller zeigten im Bischöflichen Generalvikariat technische Neuerungen, spezielle Computer, Mobiltelefone mit Sprachansage, Arbeitsplatzausstattung, Spiele und nützliche Haushaltsgeräte, die blinden und sehbehinderten Menschen den Alltag erleichtern helfen können. "Seit 20 Jahren ist das die erste große Ausstellung in der Region", sagt Martin Ludwig von der Blindenseelsorge des Bistums. Auch Vereine und Verbände hatten dort die Gelegenheit, sich vorzustellen. "Es ist wichtig, dass sich die verschiedenen Institutionen zusammentun, sich austauschen, denn wir arbeiten alle an einem Ziel", so Ludwig. Seit rund zehn Jahren ist es durch kontinuierliche Arbeit und Information gelungen, ein Netzwerk aufzubauen, an dem Augenärzte, Selbsthilfegruppen, die Blindenseelsorge, Vereine und der Integrationsfachdienst für den Arbeitsamtsbezirk Trier beteiligt sind. Das erleichtere es, individuell zugeschnittene Hilfsangebote zu erarbeiten. Mai macht sich mit seinem Hund wieder auf dem Heimweg, glücklich über die Informationen, das Treffen mit anderen Blinden und Sehbehinderten und die Hilfsmittel, die ihm das Leben mit seiner Krankheit erleichtern werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort