Soziales Hilfe für die Wohnungslosen in Trier während der Corona-Krise

Trier · Ohne Zuhause in der Corona-Krise: Wie und wo wird Obdachlosen in Trier geholfen? Ein aktueller Überblick.

 Wohnungslose haben keinen Rückzugsort, um sich vor Corona zu schützen. doch es gibt Anlaufstellen, an die sie sich wenden können.

Wohnungslose haben keinen Rückzugsort, um sich vor Corona zu schützen. doch es gibt Anlaufstellen, an die sie sich wenden können.

Foto: dpa/Tobias Hase

Mit der Corona-Pandemie und deren Folgen hat sich für die Wohnungslosen vieles geändert: Betteln ist auf leeren Straßen kaum möglich, nur wenige Pfandflaschen können gesammelt werden. Öffentliche Toiletten oder solche in Cafés und Kneipen fallen für die Betroffenen weg – auch als Waschmöglichkeiten. Hinzu kommt, dass die Diskriminierung dieser Minderheit nach Einschätzung der Stadt Trier noch weiter zunehmen dürfte. Pressesprecher Michael Schmitz sagt: „Das Leben auf der Straße ist noch schwieriger, gefährlicher und einsamer als unter normalen Umständen.“ Vor allen Dingen zählen diese Menschen wegen Vorerkrankungen und ihrem Lebenswandel zur Risikogruppe. Insgesamt gebe es in der Stadt rund 30 Obdachlose, von denen fünf keine Hilfe annehmen möchten. Mit den Lockerungen wird das Leben auf der Straße etwas leichter – doch die Gefahr der Infektion bleibt. Für diejenigen, die Hilfe beanspruchen, gibt es in Trier Anlaufstellen. Die Verantwortlichen berichten über ihre Erfahrungen:

Haltepunkt Das Frauencafé Haltepunkt, das vom Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) unterhalten wird, richtet sich mit niedrigschwelligen Angeboten an wohnungslose Frauen. Dort finden sie nicht nur Unterkunft, sondern auch Beratungsangebote, Sozialkontakte im Café, Waschmöglichkeiten und eine Kleiderkammer. Während der vergangenen Wochen musste einiges geschlossen werden – im Café konnten nur stundenweise zwei bis drei Frauen sein und die Hygieneeinrichtungen nutzen. Die Beratung erfolgte nur am Telefon. Und statt sechs Frauen konnten nur vier Wohnungslose dort übernachten. Gerade für Frauen ist die Wohnungslosigkeit oft verbunden mit verschiedenen Schlafplätzen bei „Bekannten“, die dann mit sexuellen Gefälligkeiten „bezahlt“ werden, wie Regina Bergmann, Geschäftsführerin des SKF, schreibt. Mit den Kontaktbeschränkungen war diese Art der Unterkunft nicht mehr möglich.

Vor allen Dingen sei aufgefallen, dass mehr Frauen als üblich die Angebote vom Café Haltepunkt nutzten. In der Zeit vom 16. März bis 27. Mai suchten 186 Frauen Hilfe. Im gleichen Zeitraum waren es im vergangenen Jahr 110 Frauen. Gut die Hälfte gab an, dass sie wegen psychischer Probleme Kontakt gesucht habe. Auch die Anzahl von Gewalt und Streitigkeiten in Familien habe laut Bergmann zugenommen. „Die Frauen wurden dann an passende Stellen weitervermittelt.“ Doch nicht nur die Zahl an sich, sondern auch die Alterststruktur habe sich geändert. Frauen von 18 bis 49 Jahren haben sich, so die Statistik, doppelt so häufig gemeldet als 2019.

Die Mitarbeiterinnen haben während des Shutdowns zudem mit bereits bekannten Frauen Kontakt aufgenommen, um sich nach deren Situation zu erkundigen, sie auf die neuen Änderungen aufmerksam zu machen. Außerdem wurden Lebensmittelgutscheine ausgestellt. Pro Woche waren es zwischen fünf und acht Gutscheine zu jeweils 25 Euro als Ausgleich für die weggefallene Tafel (siehe weiteren Text auf der Seite).

Benedikt-Labre-Haus Das Caritas-geführte Haus in der Luxemburger Straße in Trier-West ist seit vielen Jahren Anlaufstelle für Wohnungslose. In der Teestube können sich Betroffene tagsüber treffen, austauschen und aufwärmen. Nachts finden erwachsene Männer dort eine Unterkunft in Dreibettzimmern. Während der strengen Ausgangsbeschränkungen wurde die Zahl der Übernachtungsgäste auf zwei Menschen pro Zimmer beschränkt, um die Abstandsmaßnahmen besser einhalten zu können, wie Johannes Maxheim, Leiter der Einrichtung, sagt. An die Hygiene- und Ausgangsregeln hätten sich die meisten Gäste gehalten, lediglich für Termine und wichtige Besorgungen seien die Männer hinausgegangen.

Inzwischen sind die Öffnungszeiten wieder wie gewohnt, lediglich die Teestube sei noch geschlossen. Hier erarbeite man derzeit eine Hygienekonzept. Am Abend wird bei allen, die im Benedikt-Labre-Haus übernachten möchten, Fieber gemessen. Dank staatlicher Hilfe und der Spende von Firmen stünden zudem genügend Desinfektionsmittel und Masken zur Verfügung. An Ostern konnten sich die Obdachlosen zudem über ein Ostermenü freuen und das Jobcenter Trier spendete im Rahmen einer Aktion diverse Tüten mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln. Dadurch, dass keine Infektionen aufgetreten sind, mussten die mit der Stadt organisierten Ausweichmöglichkeiten nicht genutzt werden.

Brüderkrankenhaus Eine Suppenküche gibt es im Brüderkrankenhaus. Diese wird geleitet von Bruder Elias. Er sagt, dass dort nicht nur Wohnungslose, sondern auch Rentner und Menschen in finanziellen Nöten auf das Angebot zurückgreifen. Täglich gibt es eine warme Mahlzeit. Um eine Schlangenbildung zu vermeiden, wurden die Öffnungszeiten gestreckt. „Teils war es schwierig, das den Menschen klar zu machen. Die Angst, nichts mehr zu bekommen, ist groß“, sagt Bruder Elias. Auch dorthin gingen Spenden der Aktion des Jobcenters.

Stadt Trier Michael Schmitz berichtet, dass die Stadt Trier über einen Streetworker im täglichen Kontakt mit der Obdachlosen-Szene stehe. Der brach auch während des Shutdowns nicht ein. Über Flyer und im persönlichen Gespräch wurden die Männer und Frauen darüber informiert, welche Neuerungen es gibt, woran sie sich halten müssen und wo sie Hilfe finden können. Von den meisten seien diese Informationen angenommen und umgesetzt worden. Einige, wenige seien aber prinzipiell nur schwer zu erreichen. Diese seien in den vergangenen Wochen öfter von Polizei und Ordnungsamt ermahnt worden, weil sie sich nicht an die Verordnungen gehalten hatten.

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