Hindenburg neben Juncker

Nach der Debatte um die Umbennenung des Hindenburg-Gymnasiums (HGT) stellt sich auch die Frage nach der Ehrenbürgerschaft von Hindenburgs. Denn er ist nicht nur Namenspatron der Schule und der angrenzenden Straße, sondern auch einer von 18 Ehrenbürgern der Stadt. Und nicht der einzige, über den es nachzudenken gilt. Sind alle auch heute noch ehrungswürdig?

Trier. Normalerweise wird eine Ehrenbürgerschaft, die höchste Auszeichnung einer Stadt, auf Lebenszeit verliehen - ein altes, formaljuristisches Gebot und ein höchstpersönliches Recht. Doch nicht wenige Gemeinden führen weiterhin ihre Listen - so auch Trier. Von den 18 Personen lebt nur noch einer, nämlich Jean-Claude Juncker. Zwei weitere Ehrenbürger, Adolf Hitler (Ernennung 1933) und Reichsminister Bernhard Rust (1936), sind dagegen nicht aufgeführt. Gerade über Hitler gab es 1979 eine hitzige Diskussion im Stadtrat. Denn anders als viele Städte hatte Trier die Ehrenbürgerschaft des Diktators nie formell annulliert. Zwar erklärte der damalige Oberbürgermeister Carl-Ludwig Wagner (CDU), dass beide seit dem Ende des Dritten Reiches nicht mehr Ehrenbürger seien. Doch zu einer offiziellen Aberkennung kam es nicht - zum Ärgernis von SPD-Ratsmitglied Christoph Grimm, der dafür den Antrag gestellt hatte. "Überflüssig", hatte Wagner gesagt, denn für Kriegsverbrecher wurde der Verlust des Ehrenbürger-Rechts durch den Alliierten Kontrollrat in Deutschland schon 1946 festgelegt.Dass es nun zu einer Debatte um die Ehrenbürgerschaft von Hindenburgs kommt, scheint ausgeschlossen. "Wir haben in Bezug auf die Schule eine klare Position bezogen und unsere Beweggründe für den Antrag klar gemacht. Aber der SPD-Antrag zu einer möglichen Umbennung der Straße wurde von uns verneint", so Berti Adams. Der Fraktionsvorsitzende der CDU bestätigt, dass seine Partei nichts unternehme werde, damit von Hindenburg nicht mehr als Trierer Ehrenbürger geführt wird. "So etwas erlischt sowieso mit dem Tod", sagt Adams.Nur bei drei weiteren Trierer Ehrenbürgern gibt es dunkle Flecken in der Biografie - und auch diese sind mehr als streitbar. Einer davon ist Fürst Otto von Bismarck (Ernennung 1895). Seine Verdienste für Deutschland sind unbestritten. Seine antidemokratische Politik im Kulturkampf gegen Kirche und Zentrumspartei, seine autoritäre Innenpolitik und vor allem das Sozialistengesetz zur Verhinderung der Sozialdemokratie sprechen aber auch eine andere Sprache. Bischof Franz Rudolf Bornewasser (Ernennung 1946) wird von der kirchlichen Geschichtsschreibung in seiner Haltung gegenüber den Nationalsozialisten als charakterfest und unerschrocken beschrieben. Er geriet mit ihnen wegen der Euthanasie-Politik gar in Konflikt - zum Thema Antisemitismus und Judenverfolgung schwieg er jedoch. Und auch Bundespräsident Theoder Heuss (Ernennung 1959) ist nicht ganz unumstritten: Als Reichstags-Abgeordneter(Staatspartei) stimmte er 1933 dem Ermächtigungs-Gesetz zu und öffnete den Nazis Tür und Tor für ihre Herrschaft. Extra Trierer Ehrenbürger und ihre Ernennung: Johann Anton Ramboux (Maler, 1858), Prinz Heinrich der Niederlande (1875), Dompropst Karl Holzer (1883), Fürst Otto von Bismarck (1) (Reichskanzler, 1895) , Berthold Nasse (Regierungspräsident und Oberpräsident der Rhein-Provinz, 1901), Franz Xaver Kraus (Geheimer Hofrat, Kirchenhistoriker, 1901), Geheimrat Karl de Nys (Oberbürgermeister, 1904), Michael Felix Korum (Bischof von Trier, 1915), Albert von Bruchhausen (Oberbürgermeister, 1927), Paul von Hindenburg (2) (Reichspräsident, 1930), Franz Bornewasser (Reichsminister, Oberpräsident der Rhein-Provinz, 1930), Franz Rudolf Bornewasser (3) (Erzbischof, 1946), Heinrich Weitz (4) (Oberbürgermeister, Staatsminister und Präsident des DRK, 1957), Theodor Heuss (5) (Bundespräsident, 1959), Dr. Konrad Adenauer (6) (Bundeskanzler, 1965), Bernhard Stein (7) (Bischof, 1975), Oswald von Nell-Breuning (8) (Nestor der katholischen Soziallehre, 1981), Jean-Claude Juncker (9) (Premierminister des Großherzogtums Luxemburg, 2003)

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