Wissenschaft Fehler können durchaus nützlich sein

Trier · Hirnforscher und Science Slamer Henning Beck verrät in der Trierer Basilika Tricks des Gehirns, dass es Lernen auf den ersten Blick gibt und warum es eine Stärke ist, Fehler zu machen.

 Räumte mit Mythen über das Gehirn auf. Hirnforscher und Science Slamer Henning Beck. In der Trierer Konstantin-Basilika hing das Publikum an seinen Lippen.

Räumte mit Mythen über das Gehirn auf. Hirnforscher und Science Slamer Henning Beck. In der Trierer Konstantin-Basilika hing das Publikum an seinen Lippen.

Foto: TV/Katja Bernardy

Neujahrsempfang im Sommer? Ja, richtig! Es gehört zur Tradition des Evangelischen Kirchenkreises Trier zu Beginn des Schuljahres zum Neujahrsempfang einzuladen. Immer mit prominentem Gast. In diesem Jahr stand dort, wo sonst Pfarrer predigen, Henning Beck. Das Motto des Abends: „Lernst du noch oder verstehst du schon? Analoges Denken in der digitalen Welt.“

 Der von Superintendent Jörg Weber anmoderierte Wissenschaftler aus Frankfurt am Main erlebte, wovon jeder träumt: Die Gäste in der gut gefüllten Basilika gierten nach jedem Satz des Hirnforschers, Autors und preisgekrönten Science Slamers. Rund 60 Minuten lang erklärte er, was im Kopf passiert, wie wir Dinge lernen und bestenfalls etwas Neues daraus entstehen lassen.

Und er räumte mit Mythen über unseren Denkapparat auf: Etwa damit, dass Belohnungen mehr schaden als nützen und Fehler durchaus nützlich sein können. Mehr noch. „Fehler im Denken unterscheiden uns von der unkreativen Maschine“, sagte Beck. Gerade diese Schwäche des Gehirns führe zu neuen Ideen. „Wenn wir alles richtig machen würden, sind wir genauso leistungsfähig wie ein monokultiviertes Maisfeld.“

Geht es nach dem promovierten Wissenschaftler, kann jeder Motivationstrainer einpacken. „Man kann jemanden genauso wenig motivieren wie ich augenblicklich Müdigkeit geben kann“, sagte der 35-Jährige. Motivation sei das, was sich einstelle wenn man ein passendes Umfeld habe, um sich auszuleben.

 Und hätten Sie es gewusst? Das menschliche Gehirn ist auf Neugierde gepolt. Beck: „Meine besten Lehrer haben die besten Fragen gestellt und nicht die besten Antworten gegeben.“ Der große Erfolg des Deutschen Meisters im Science Slam hängt sicher auch damit zusammen, dass er Forschungsergebnisse in seinem Vortrag beherzigt. Immer wieder stellt er Fragen, gibt Rätsel auf.

 Die Beck´sche Stunde in Trier war vollgepackt mit Wissen und Tipps. Noch eine der vielen Anregungen: Neben dem klassischen Lernen – wiederholen, wiederholen, wiederholen – hat das Gehirn laut Hirnforscher einen Trick auf Lager, um sich Dinge merken zu können: das sogenannte Lernen auf den ersten Blick, der Wissenschaftler spricht von Fast Mapping. Das sei stark bei kleinen Kindern zu beobachten und so merke man sich Kunstworte wie „Brexit“ auf Anhieb. „Wie genau das Gehirn das macht, ist nicht nicht ganz klar“, sagte Beck. Wohl lerne man Begriffe direkt, wenn sie in einem Zusammenhang stünden. Und er gab zu bedenken: Man kann etwas lernen und wieder ver-lernen, aber nicht etwas verstehen und wieder ent-verstehen.

 Nach dem Vortrag hatte der Evangelische Kirchenkreis Trier zu Snacks, Umtrunk und Gesprächen eingeladen. Beck mischte sich unter die Gäste – darunter Prominente aus Politik und Kirche sowie Martin Bambauer, der den Neujahrsempfang mit Orgelklängen eingeläutet hatte. Über den regen Austausch in der Basilika dürfte sich der Forscher gefreut haben. Denn zuvor hatte er erklärt: „Unser Gehirn ist sozial, es will Kontakt.“ Sich auszutauschen sei besser als Gehirnjogging.

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