Heimat & Geschichte Im Archiv gekramt: Als Hochwasser in Trier noch „Land unter“ bedeutete
Trier · Historische Fotos aus dem Stadtarchiv zeigen: Vor dem Bau des Uferdamms um 1930 war Trier den Fluten hilflos ausgeliefert.
Hochwasser 2018: Bei 8,50 Metern war Schluss mit dem steigenden Pegel. Für die Bewohner der Trierer City gab es ohnehin keinen Grund zur Beunruhigung. Erst ab einem Pegelstand von rund zehn Metern wird’s wirklich brenzlig. Doch der wurde in den vergangenen 35 Jahren nur vier Mal übertroffen, zuletzt am 23. Januar 1995 (10,33 m).
Passiert ist – nichts. Auch nicht am 21. Dezember 1993, als die Mosel auf 11,28 m stieg und damit den Höchststand seit der Kanalisierung in den frühen 1960er Jahren erreichte. Doch es war denkbar knapp: Wenige Zentimeter mehr, und die graubraune Flut wäre in die Stadt geschwappt. So wie es bis vor nicht einmal 100 Jahren in unschöner Regelmäßigkeit vorkam. Nachdem 1920, 1921 und 1925 die ufernahen Zonen rechts der Mosel teils tagelang unter Wasser gestanden und die Nachkriegs- und Inflationsnot der Bevölkerung noch weiter verschärft hatte, reagierte die Stadtverwaltung. Bis zu Beginn der 1930er Jahre entstand in mehreren Etappen der fast fünf Kilometer lange Uferdamm entlang des östlichen Ufers.
Dessen Fertigstellung dürften die Bewohner insbesondere von Zurlauben und des Maarviertels (Trier-Nord), des Krahnengeländes (Altstadt) und des Barbaraviertels (Trier-Süd) wie die Erlösung von einer biblischen Plage empfunden haben. Für sie waren vollgelaufene Keller und feuchte Wohnbehausungen nichts Ungewöhnliches gewesen, denn es passierte alle paar Jahre wieder, bis endlich der Damm kam.
Die Investition in den Hochwasserschutz hat sich für die Stadt Trier bezahlt gemacht. Nur einmal – Silvester 1947 – konnte er die Moselfluten nicht in Schach halten. Der damalige Wasserstand von 11,39 m war der höchste seit Beginn der Pegelmessungen 1817.
Die Jahrhunderthochwasser von 1947 und 1993 waren aber ein Klacks gegenüber der Flut, die das Moselland anno 1784 heimsuchte. Der Trierer Privatgelehrte Ludwig Müller schildert die Katastrophe eindrucksvoll in seinem Tagebuch: Am 28. Februar 1784 sieht der Zeitzeuge von der Simeonskirche (Porta Nigra) aus buchstäblich kein Land mehr. Maar, Pauliner Flur, Zurlauben stehen ebenso unter Wasser wie Pfalzel und Ehrang. Auch der Pferdemarkt, tiefster Punkt der Stadt, ist überflutet. In ihren Häusern eingeschlossene Bewohner werden per Nachen mit Brot versorgt.
Vieh, Häuser, Brücken und Bäume reißt die „Sündfluth“ mit sich. Als das Wasser wieder sinkt, werden, so notiert Müller, „hin und wieder tote Menschen, hinter und in den Hecken liegend, gefunden“.
Experten gehen davon aus, dass die Mosel 1784 einen Pegelstand von mindestens 12,30 m erreicht hat – rund ein Meter höher als bei den Rekordfluten des 20. Jahrhunderts.
In jüngerer Zeit kam Triers City glimpflich davon, wenn die Mosel über die Ufer trat. Die Fotos auf dieser Seite von den „vor dem Dammbau“-Hochwassern der 1920er Jahre veröffentlichen wir mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs Trier.