Hören, lauschen, lernen

Die Sprachförderung an Kindergärten in Trier und der Region boomt. Das zeigt die steigende Zahl der Anträge an das Land. Erzieher wünschen sich eine verpflichtende Teilnahme für Kinder mit deutlichem Förderbedarf.

 Welche Begriffe zeigen die Karteikarten? Das „Würzburger Sprachmodell“ gehört an vielen Kindergärten zur Sprachförderung. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Welche Begriffe zeigen die Karteikarten? Das „Würzburger Sprachmodell“ gehört an vielen Kindergärten zur Sprachförderung. TV-Foto: Sybille Schönhofen

Trier. (sys) Die Erzieherin Andrea hält eine Karte hoch, auf der ein Löffel abgebildet ist. "Was seht ihr?", fragt sie die Kindergartenkinder. "Das ist ein Löffel", antworten sie im Chor. Gemeinsam sprechen sie das Wort nach und klatschen zu jeder Silbe in die Hände. Die Sprachübung ist Teil des "Würzburger Sprachmodells". 2006 hat das Land wegen der Mängel im Sprachstand der Vorschulkinder die Sprachförderung ins Leben gerufen und baut sie weiter aus.

Dafür stellt Rheinland-Pfalz jährlich sechs Millionen Euro zur Verfügung. Nach Auskunft des Jugendamtes gibt es in Trier 50 Kurse und 13 weitere Maßnahmen für die Zeit des Übergangs vom Kindergarten in die Grundschule. Knapp 40 Prozent der 397 teilnehmenden Kinder sind nicht deutscher Herkunft.

Die Kita gGmbH, mit 89 Kindergärten der größte Träger in der Region, notiert bei 1150 an der Sprachförderung teilnehmenden Kindern einen Ausländeranteil von mehr als 50 Prozent. Nach Auskunft der Kita gGmbH ist die Zahl der Anträge für die Basis- und Intensivkurse stark gestiegen. Daher habe das Land für das laufende Kindergartenjahr die Zahl der Intensivmodule, die 200 Stunden dauern, von 20 auf fünf heruntergeschraubt. Die restlichen 110 Sprachförderkurse laufen als Basismodule über 100 Stunden.

Die Sprachförderkräfte arbeiten dabei in kleinen Gruppen mit mindestens fünf Kindern. Sie verwenden Lern- und Rollenspiele, Fantasiereisen, Bewegungs- und Kreisspiele sowie Reime und Lieder. In vielen Fällen nutzen sie das "Würzburger Sprachmodells". Es soll die phonologische Bewusstheit verbessern, wodurch es leichter fällt, das Schreiben zu erlernen. Um die auditive Wahrnehmung zu fördern, lernen Kinder beispielsweise Laute aus Wörtern herauszuhören. Den Unterricht erteilen Erzieher und andere externe Mitarbeiter wie Sozialpädagogen und Logopäden.

Sprachstandserhebungen weisen auf einen deutlichen Lernfortschritt der Kinder hin, so das Trierer Jugendamt. Oftmals wäre jedoch noch mehr Unterstützung nötig. Das bestätigt Silvia Benz, die seit 2006 Sprachförderkurse in Osann-Monzel und Altrich erteilt. Im Auftrag der Kita gGmbH hat sie in Trier ihr Programm vorgestellt. Denn da das Land kaum inhaltliche Vorgaben für den Unterricht gibt und das Personal bislang nicht speziell schulte, war die Verunsicherung zu Beginn groß.

"Es wäre schön, wenn die Teilnahme der Kinder an der Sprachförderung verpflichtend wäre", sagt Benz. Denn trotz der Empfehlung gebe es immer wieder Kinder, die nicht zu den Kursen erscheinen.

Um Missverständnisse zu vermeiden, betont Margarethe Mancke, Logopädin in Trier und Regionalgruppensprecherin des Deutschen Bundesverbandes für Logopädie Rheinland-Pfalz: "Wenn eine richtige Sprachstörung vorliegt, ist die Sprachförderung kein Ersatz für eine Therapie beim Logopäden."

Extra Ziel der Sprachförderung: Alle Kinder sollen bis zum Eintritt in die Schule "aktiv und passiv an einem Gespräch auf Deutsch teilnehmen können", sagt Bildungs- und Jugendstaatssekretärin Vera Reiß. Nachdem im ersten Jahr landesweit 11 000 Kinder an der Sprachförderung zum Ende der Kindergartenzeit teilgenommen haben, seien es im neuen Kindergartenjahr mehr als 17 300 Kinder, die in 1838 Basis- und 503 Intensiv-Förderkursen in ihrer Sprachentwicklung unterstützt werden. (sys)

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