Hoher "Säuregehalt" im Ruwertal

MERTESDORF/KASEL/WALDRACH. Jahrelang hatten es alle an der Ruwer befürchtet – nun ist es Wirklichkeit geworden: Nach einem Kabinettsbeschluss im fernen Berlin wird die Ruwer als Teilanbaugebiet verschwinden. Die Reaktion der Betroffenen ist eindeutig.

Je länger die Berliner Entscheidung zurückliegt, desto mehr scheint die Empörung zwischen Mertesdorf und Morscheid anzuwachsen. Es ist, als würde vielen das Geschehen erst nun wirklich bewusst. "Die haben uns als qualifiziertes Teilanbaugebiet mit besonderem Qualitätsanspruch einfach abgehängt", so der allgemeine Tenor im Ruwertal. Seit Ende der 90er-Jahre rumorte es schon

Seit Ende der 90er-Jahre hatte die Umbenennung des Anbaugebiets "Mosel-Saar-Ruwer" in ein allumfassendes "Mosel" als Damoklesschwert über dem Tal gehangen. Widerstand und Protest waren heftig: Egal ob großes Weingut oder Nebenerwerbswinzer - alle schauderten bei dem Gedanken an das Ende des rund 70 Jahre alten Traditionsnamens "Mosel-Saar-Ruwer". Die Sorge galt aber nicht dem Weinbau allein. Auch den Tourismus im Ruwertal, eine Sparte mit aufsteigender Tendenz, sahen viele Ruweranrainer gefährdet. Die Befürchtung: Verschwindet der Name Ruwer von den Weinetiketten dieser Region, dann verschwindet auch der Werbeeffekt für die dahinter stehende Landschaft. Und dies weltweit! Entsprechend erbittert formierte sich in den zurückliegenden Jahren der Widerstand, bei dem auch Kommunalpolitik und Verwaltung mitzogen. Regelmäßig stand die Namens-Diskussion auch auf der Tagesordnung im Verbandsgemeinderat Ruwer. Und parteiübergreifend wurde das Gremium nicht müde, mit Resolutionen und Eingaben für den Erhalt der Bezeichnung einzutreten. Am 16. Februar 2000 formulierte der Verbandsgemeinderat erstmals in einer Resolution seine Bedenken und Befürchtungen. Nach zahllosen vergeblichen Eingaben und Anfragen, Gesprächen in Mainz und anderenorts sank die Hoffnung im Ruwertal. Dann kam die Nachricht vom Berliner Kabinettsbeschluss. Barbara Wünsch-Schirmer vom Weingut Schenk-Oster in Waldrach spricht für viele aus der Branche: "Durch die Umbenennung wird an der Mosel nicht eine Flasche mehr verkauft - aber wir sind die Geschädigten. Wir haben daher mit allen Mitteln und bis zuletzt dagegen angekämpft, aber leider nichts erreicht." Die Aussagen wiederholen sich. Von einer "Katastrophe auch für den Ruwertourismus" ist die Rede und vom "Verschwinden des Hauptwerbeträgers für die Ruwer" - man komme sich nun vor wie das "fünfte Rad am Wagen". Bürgermeister Bernhard Busch, der sich ebenfalls seit Jahren für den Erhalt des alten Namens eingesetzt hatte: "So bedauerlich es ist, aber man muss in diesem Land auch mal Dinge hinnehmen." Die Politik habe sich den Wünschen des Weinwirtschaftsrates gebeugt, der von großen Kellereien und Gütern an der Mosel dominiert werde. Mit der Saar nicht vergleichbar

Eine Parallele zwischen den Anbaubereichen Saar und Ruwer sieht Busch nicht, "denn da die Saar künftig als Anbaubereich groß auf den Etiketten stehen darf, hat sich dort die Aufregung gelegt". Eine solche Lösung sei an der Ruwer aber aus weinrechtlichen Gründen nicht in Sicht. Tatsächlich ist eine Bereichsbezeichnung "Ruwer" nicht zulässig, da es sich dabei um einen Ortsnamen handelt. Nach dem Gesetz dürfen Ortsnamen nicht als Gebiets- oder Bereichsbezeichnung verwendet werden. Bürgermeister Busch: "Die eher undenkbare Lösung wäre, den Trierer Stadtteil Ruwer umzubenennen." Und die alternative Bezeichnung "Ruwertaler" stoße an der Ruwer auf so große Vorbehalte, dass man sie schon vor Jahren ad acta gelegt habe.

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