Hohes Alter und jugendlicher Schwung

An seinem 90. Geburtstag blickt Michael Weber aus Zemmer auf ein bewegtes Leben zurück. Er erzählt mit einem Augenzwinkern und vielen Anekdoten von seinem beruflichen Werdegang, seiner politischen Laufbahn und seiner Freundschaft zu Herbert Wehner.

 Ein Bilderrahmen mit Stationen aus seinem langen Leben gehörte zu den Geschenken zum 90. Geburtstag von Michael Weber. TV-Foto: Nora John

Ein Bilderrahmen mit Stationen aus seinem langen Leben gehörte zu den Geschenken zum 90. Geburtstag von Michael Weber. TV-Foto: Nora John

Zemmer-Rodt. (noj) "90 Jahre Leben" steht auf der Fotosammlung, die mit vielen Bildern Stationen aus den vergangenen neun Jahrzehnten von Michael Weber zeigen. Zu sehen sind auch Aufnahmen, die Weber mit bekannten Persönlichkeiten wie Willi Brand, Helmut Schmitt oder Herbert Wehner zeigen.

Was es mit den einzelnen Aufnahmen auf sich hat, erzählt der muntere 90-Jährige, der von seinem Esprit im Alter nichts verloren hat. Geboren wurde er in Schleidweiler als siebtes von neun Kindern. An eine Ausbildung war damals nicht zu denken. Also begann er mit 14 Jahren als Holzarbeiter in einem Sägewerk und ging später ins Hüttenwerk Hagen-Haspe (Nordrhein-Westfalen).

Das lag für ihn damals schon "in der Welt", die für den jungen Mann vom Dorf bereits hinter Gerolstein begann. Es folgten Jahre im Krieg und in Gefangenschaft. Nach dem Krieg ging er nach wechselnden Arbeitsstellen 1954 nach Salzgitter. Die berufliche Ausbildung zum In dustriemeister machte er mit 39 Jahren.

Aus seiner Arbeit entstand auch seine politische Laufbahn. Denn der sozialistisch geprägte Betriebsrat in dem Werk in Salzgitter gefiel ihm nicht. Seine Erfahrungen während der Gefangenschaft im kommunistischen Russland hatten Weber geprägt. Er legte sich mit dem Betriebsrat an und ließ sich als Gegenkandidat aufstellen. Das hätte ihn seine Arbeitsstelle kosten können, erzählt Weber.

Um Rückhalt zu finden, trat er 1957 in die SPD ein. Ein Jahr später war er Mitbegründer der SPD-Betriebsgruppe Salzgitter und übernahm wiederum ein Jahr später den Vorsitz.

In dieser Zeit lernte er auch Herbert Wehner kennen, mit dem er bis zu dessen Tod eng befreundet war. In der SPD übernahm er weitere Funktionen und saß von 1974 bis 1978 im niedersächsischen Landtag. Doch nach zwei Herzinfarkten gab er die politischen Ämter auf und zog nach Zemmer-Rodt, wo er bis heute mit seiner Tochter lebt. Webers Frau starb vor fünf Jahren.

Aus der Politik hält er sich heute heraus, wenn er nicht ausdrücklich um Rat gefragt wird. "Zu meinen, nur wir hätten es gut gemacht, das stimmt nicht", sagt er. "Wir haben damals auch über die Alten geschimpft."

Trotz seiner 90 Jahre wirkt Michael Weber noch jung. Seinen "Porsche", wie er seinen Rollator nennt, schiebt er mit forschem Schritt. Jeden Morgen fährt er mit seiner Tochter Hedi, die mit ihm im Haus lebt, eine halbe Stunde Fahrrad. "Ich wollte, jeder 90-Jährige hätte es so gut", sagt er lachend.

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