"Ich bin doch noch da"
TRIER. Politiker in der Endphase ihrer Amtszeit heißen in der Fachsprache "lahme Enten". Das öffentliche Interesse gilt eher der Nachfolgerfrage, die politischen Gremien stecken im Wahlkampf fest, nichts passiert mehr. Geht es nach Oberbürgermeister Helmut Schröer (CDU), ist das in Trier anders.
Wenn der OB seine gewohnten Gänge durch die Stadt macht, passiert ihm dieser Tage bisweilen Seltsames. Bürger kommen auf ihn zu, um sich zu verabschieden. So, als stünde sein Ruhestand unmittelbar bevor. "Ich bin doch noch da", pflegt Helmut Schröer dann zu sagen, "genau bis zum 31. März 2007."Eine Auskunft, die oft für Staunen sorgt. Seit bekannt ist, dass im September ein neues Stadtoberhaupt gewählt wird, haben viele Trierer den Herbst als Zeitpunkt für den Machtwechsel im Rathaus verinnerlicht. Aber nach der Wahl wird noch mehr als ein halbes Jahr vergehen, bis der Neue auf Schröers Sessel in der ersten Etage Platz nimmt - eine Folge der Gemeinde-Wahlordnung.
Für den derzeitigen Amtsinhaber hat das nicht nur die angenehme Nebenwirkung, dass der Großteil der repräsentativen Kulturhauptstadtjahr-Veranstaltungen noch in seinen Beritt fällt. Es bedeutet auch, dass Schröer mit dem Doppelhaushalt 2006/2007 den Arbeitsrahmen für den künftigen OB steckt.
Wichtiger noch: Weil die Stadt die Umstellung der kompletten Haushaltswirtschaft auf ein neues System früher umsetzen will als gesetzlich vorgegeben, muss der CDU-Politiker auch die dafür notwendige große Verwaltungsreform schultern. "Ich habe mir überlegt: Fängst Du das überhaupt noch an?", räumt Schröer freimütig ein. Dass er sich im 18. Amtsjahr mit einer großen Aufräum-Aktion im Rathaus wenig Freunde machen wird, ist ihm sicher klar. Kenner der Szene vermuten freilich, dass die Neuordnung und Überprüfung der Verwaltungsaufgaben beim altersmilden Schröer gemäßigter ausfallen könnte, als sich mancher Radikal-Reformer wünscht.
Dafür wird sich der OB im letzten Amtsjahr umso stärker der "Außenpolitik" Richtung Luxemburg und Frankreich widmen. Kein Politiker der Region hat einen vergleichbar guten Draht ins Ländchen und nach Metz. Die Vision von der "Europastadt Trier" würde er gerne nach vorne bringen, mit dem Städtebündnis "Quattropole" wirkliche Strukturverbesserungen für die Bürger erreichen. Dass die "Viererbande" Metz-Saarbrücken-Trier-Luxemburg zumindest für die Öffentlichkeit lange nicht über den Status eines Bürgermeister-Frühstückstreffs hinauskam, hält er für "überwundene Anfangsschwierigkeiten". Quattropole entwickle sich zum "Volltreffer".
Wie sich die Stadt Trier mit und gegenüber den Nachbarn in den Bereichen Wirtschaft, Hochschulen und Kultur profilieren will: Das hält Schröer für die "zentrale Zukunftsfrage". Doch daneben bereitet auch das Alltagsgeschäft einige knifflige Probleme. Die Sanierung des Südbades und die Verhinderung des Herz-Jesu-Abrisses sind Themen, die ihm die Bürger auf die Tagesordnung der verbleibenden 450 Amtstage geschrieben haben. "Das müssen wir hinkriegen", verspricht Schröer, und das "wir" klingt ein bisschen nach "Pluralis Majestatis". Aber er hat in den letzten Jahren seiner Amtszeit auch gemerkt, dass der Stadtrat einen noch so bedeutsamen Verwaltungschef ganz schön in der Luft hängen lassen kann, wenn er sich allzu weit im Alleingang vorwagt.
Die ganz großen Experimente wird es wohl nicht mehr geben. Aber einige Sorgenkinder der letzten Jahre glaubt der OB endgültig abhaken zu können: Die umgebauten Stadtwerke, die GBT, die Parkhausgesellschaft PIT. "Schwarze Zahlen" will er zum Abschied liefern.
Wenn er morgen zum Neujahrsempfang einlädt, werden wohl etliche Gäste der irrigen Auffassung sein, es sei sein letzter. Aber auch das wird Helmut Schröer zu korrigieren wissen.