"Ich bin in Trier verliebt"

Er kennt Trier wie seine Westentasche, von oben und unten, mittendrin und seit seiner Geburt: Josef Tietzen, von vielen "Jupp" genannt, hat jahrzehntelang für den Trierischen Volksfreund Fotos von seiner Heimat, ihren Menschen und Gästen gemacht - mit Leidenschaft hat er Trierer Geschichte in Bildern dokumentiert. Wo seine persönlichen Lieblingsplätze sind, das verrät der 78-Jährige in unserer Serie.

 Die Kamera immer dabei: Fotograf Josef Tietzen am Lieblingsspielplatz seiner Kindheit, den Kaiserthermen.TV-Foto: Katja Bernardy

Die Kamera immer dabei: Fotograf Josef Tietzen am Lieblingsspielplatz seiner Kindheit, den Kaiserthermen.TV-Foto: Katja Bernardy

Ich war 18, als ich mein erstes Foto vom Brauneberger Schützenfest an die Trierische Landeszeitung verkaufte. Der Chef war begeistert, und ich bekam gleich weitere Aufträge. Ich habe nie eine Ausbildung zum Fotografen gemacht, sondern erst einmal eine Bäckerlehre, die ich aber wegen einer Mehlstaub-Allergie aufgeben musste. Danach, jung verheiratet und froh, überhaupt Arbeit zu haben, verdiente ich mein Geld hauptsächlich als Lagerist unter anderem bei der Bobinet. Aber mein Hobby setzte sich durch: Seit 1966 fotografierte ich erst eindreiviertel Jahr lang als freier Mitarbeiter, dann als fest angestellter "Lichtbildner", wie es in der Personalakte hieß, für den Trierischen Volksfreund. Ich habe Trier von unten und am liebsten von oben, bei allen Jahreszeiten und zu verschiedensten Anlässen fotografiert. Dabei hatte ich natürlich immer auch Plätze vor der Linse, mit denen ich Besonderes verbinde: In Trier geboren, bin ich in der Weberbachstraße aufgewachsen. Ein Steinwurf entfernt war mein Lieblingsspielplatz: Mit Murmeln, Nachlaufen und Verstecken spielten wir in den Kaiserthermen. Durch Zaunlöcher schlüpften wir in die ehemalige römische Badeanlage. Ein paar Meter weiter, im damals ausgebrannten Turm der Basilika kletterten wir hoch, bis es nicht mehr weiterging. Die Aussicht war fantastisch. Vielleicht stammt daher mein Drang hochzusteigen. Zum Fotografieren erklomm ich nämlich gerne auf Leitern, die ich immer und überall auftreiben konnte, oder ich ließ mich auch schon mal mit dem Kran nach oben hieven.
Ein Erlebnis in der Höhe werde ich nie vergessen: beim Mehringer Weinfest riss ein Pferd, das die Kutsche mit der Weinkönigin zog, mir die Leiter unter den Füßen weg. Ich hing unfreiwillig an den Zeltstangen. Das konnte mich aber nicht davon abhalten, weiter hochzuklettern. Denn der Blick etwa auf einen meiner weiteren Lieblingsplätze, den malerischen Hauptmarkt, ist nirgendwo schöner als aus den oberen Geschossen der Parfümerie Pierre oder aus dem Turm der St. Gangolfkirche. Ich bin in Trier verliebt - in alle Ecken! Einige Angebote lehnte ich genau aus diesem Grund ab. "Wollen Sie nur kleine Brötchen backen?", wurde ich mehrfach gefragt. "Ja", sagte ich, "denn von denen werde ich auch satt."
Trier ist eine wunderschöne kleine Stadt. Wir, das sind meine Frau und unsere drei Kinder, - heute haben wir acht Enkelkinder -, wohnten in fast allen Stadtteilen. Seit 1988 leben wir in Trier-Irsch. Zu Hause bin ich am liebsten in unserem Garten: Da plätschern Brunnen, mit der Familie sitzen wir am großen Tisch, Blumen blühen. Auch als junges Paar, als wir den Gürtel sehr eng schnallen mussten, war ein Sträußchen Blumen am Sonntag drin.
Das ein oder andere "Objekt" in unserer Oase erinnert mich an Einsätze mit der Kamera. Beispielsweise das Stück römische Wasserleitung vom Viehmarkt. Aber das ist einer meiner wenigen Beiträge zum Garten. Denn meine Frau kümmert sich um ihn. Sie sagt übrigens: "Er guckt alles immer wie durch die Linse." Stimmt! Ich habe noch einen Tipp für Trier-Besucher: Unbedingt auch nach oben schauen! An den Häusern kann man wunderbare Verzierungen entdecken. Die Stadt lebt zwar von ihren Sehenswürdigkeiten, aber sie wäre ohne die Trierer nicht das, was sie ist. Ich mag die Menschen. Und mit einem kleinen Witzchen ist das Eis schnell gebrochen.
Auch die Umgebung von Trier ist einen Ausflug wert: Wir schwimmen gerne in den Eifelmaaren, lieben Spaziergänge in Kell am See und die Schillinger Spießbratenhalle.
Zurück zu Trier: Auch unterirdisch gibt es Plätze, die eine Wucht sind: etwa der römische Weinkeller in St. Irminen. Es gibt in Trier unendlich viel zu entdecken - und zu fotografieren.
Aufgezeichnet von Katja Bernardy

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