"Ich werde im Alter immer renitenter"

Es wurde der Abend des großen Rundumschlags: Mit teils kritischem, teils verschmitztem Gesicht las Dieter Hildebrandt aus seinem aktuellen Bestseller "Nie wieder achtzig!" und teilte dabei kräftig aus.

 Signierstunde nach der Lesung: Im Theater las Dieter Hildebrandt aus seinem Bestseller „Nie wieder achtzig!“ TV-Foto: Kim-Björn Becker

Signierstunde nach der Lesung: Im Theater las Dieter Hildebrandt aus seinem Bestseller „Nie wieder achtzig!“ TV-Foto: Kim-Björn Becker

Trier. (kbb) "Altern hat Zukunft - während die Jugend nicht mehr nachwächst, werden wir Alten immer mehr", beschreibt Dieter Hildebrandt die Motivation für das Entstehen seines derzeit auf Platz vier rangierenden Bestsellers. "Ich habe mit Entsetzen festgestellt, dass auch die Weisheit im Alter nicht nachwächst. Stattdessen werde ich zunehmend renitenter." In der Tat ist das Alter eher ein Randmotiv in Hildebrandts Erzählungen. In einem gewaltigen Rundumschlag zielt der Kabarettist vor allem auf politische und zeitgeschichtliche Akteure, von Edmund Stoiber bis Guido Westerwelle, vom Unternehmensberater bis zum Papst. Der Wahlmünchener, der sich überdies schon immer der Sozialdemokratie verschrieben hatte, findet in seiner Heimatstadt als Oppositioneller freilich ein ausgiebiges satirisches Beobachtungsfeld. "Ich bin froh, dass ich in Bayern lebe. Hier spielt die Freiheit ja eine nicht so große Rolle", sagt er fast beiläufig und erhält beständigen Applaus von den 500 Zuhörern im Theater Trier, die zu der Veranstaltung der Buchhandlung "Interbook" gekommen waren.Von der pointierten Analyse der Gestik eines Edmund Stoiber ("Franz-Josef Strauß krümmte zur Begrüßung bestenfalls drei Finger - Stoiber rudert dabei mit den Armen durch den Saal") bis hin zur Imitation von Helmut Kohls einzigartiger Rhetorik ("...und das will ich, liebe Freunde und Kollegen, hier in aller Offenheit sagen") bleibt in Hildebrandts Betrachtungen kein Auge trocken. Und von den polnischen Kaczynski-Brüdern ("ein Vergleich mit zwei Kartoffeln ist doch nahe liegend") bis zum Papst ("der Typ in Frauenkleidern") bekommen auch weltpolitische und zeitgeschichtliche Akteure ihr Fett weg. Gesellschaftliche Klischees, seien es randalierende Fußballfans oder arrogante Unternehmensberater, bieten dem Kabarettisten ein weiteres hervorragendes Betätigungsfeld. "Ein Leben ohne Satire ist nicht denkbar, zumindest für Satiriker", sagt Hildebrandt im Gespräch mit dem TV. "Dieses Buch ist in jeder Hinsicht eine Abrechnung: Mit politischen Akteuren, mit der Zeit, in der ich lebe, aber nicht zuletzt auch mit mir selbst." Das macht Hildebrandt seinem Publikum auch am Ende der Lesung deutlich: "Noch mal 40 - das könnte ich mir vorstellen. Nur um diesen Augenblick im Jahr 1967 noch einmal zu erleben, als ich meinem Vater gegenübersaß - ich hatte kurz zuvor in München die ,Lach- und Schießgesellschaft' gegründet - und er zu mir sagte: ,Was mich an dieser Zeit irritiert, ist die Tatsache, dass du für den Unsinn, den du den Leuten erzählst, auch noch Geld bekommst.'"Dieter Hildebrandt: "Nie wieder achtzig!", Blessing Verlag, 256 Seiten, 19,95 Euro.

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