IHK-Forum: Wirtschaften zwischen Markt und Moral

Nicht erst seit der Finanz- und Wirtschaftskrise gelten wirtschaftlicher Erfolg und moralischer Anspruch für viele Menschen als Gegensätze. Das Wirtschaftsforum der Industrie- und Handelskammer (IHK) Trier hat mit Gastreferent Bischof Stephan Ackermann nach Lösungen für ein gerechtes Wirtschaften gesucht.

Trier. Schließen sich Wirtschaft und Moral aus? Was tun gegen Hungerlöhne? Wie können Langzeitarbeitslose wieder in Beschäftigung gebracht werden? Mit diesen drängenden Fragen der Zeit hat sich das IHK-Wirtschaftsforum "Gegenwart und Zukunft der Arbeit" beschäftigt.

Bischof Stephan Ackermann erinnerte in seiner Rede an den Einfluss der katholischen Soziallehre auf die soziale Marktwirtschaft. Freiheit, Solidarität, Gerechtigkeit, Nächstenliebe: Dies seien auch heute noch Maßstäbe für verantwortungsvolles Wirtschaften. Es brauche dafür einen "starken, aber schlanken Staat", der konsequent Regeln für die Wirtschaft setzt und das Gemeinwohl im Blick behält. Fazit: "Die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht der Mensch für die Wirtschaft. Das Wohlergehen der Menschen muss vor der Kapitalrendite stehen." Schließlich sei Arbeit nicht nur ein Produktionsfaktor, sondern ein existenzieller Teil des Menschen. Gerade Langzeitarbeitslose fühlten sich daher oftmals "als Ballast der Gesellschaft", sagte Ackermann.

Bei dieser Gruppe sieht der Bischof gesellschaftlichen Handlungsbedarf, da viele Langzeitarbeitslose im Arbeitsmarkt keine Perspektive fänden. Er sehe jedoch nicht nur ein moralisches Recht auf Arbeit, sondern auch eine Bringschuld des Einzelnen: "Jeder, der arbeiten möchte, muss einen Arbeitsplatz finden, doch der Arbeitsverweigerung entspricht auch die Verweigerung staatlicher Alimentierung."

Trotz aller Probleme betonte der Bischof, dass die soziale Marktwirtschaft das "erfolgreichste Wirtschaftsmodell der Welt" sei. Es benötige jedoch auch in Zukunft einen ständigen Dialog über Werte, um den sozialen Frieden zu erhalten.

In einer anschließenden Diskussionsrunde unter Moderation von TV-Redakteur Dieter Lintz attestierte Arbeitsagentur-Geschäftsführer Wolfram Leibe dem Gros der regionalen Unternehmen, sie hätten während der Finanz- und Wirtschaftskrise soziale Verantwortung bewiesen. Arbeitgeber wie Margret Borne-Müllerklein und Peter Leyendecker betonten, ethisches Handeln zahle sich auch für die Unternehmen aus. Aus dem Saal wurden aber auch Beispiele dafür genannt, dass Marktdruck moralisches Wirtschaften oft unmöglich mache. Einigkeit herrschte bei der Forderung, das Problem der Langzeitarbeitslosigkeit verstärkt anzugehen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern. maw

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