IHRE MEINUNG

Zum Bericht "Harmonie im Narrenkäfig" (TV vom 28. Februar):

Es hat mich geschockt. Es ist eine Schande, was der Trierer Stadtvorstand aus unserem rheinländischen Straßenkarneval gemacht hat. Ich komme aus einem Ghetto, mitten auf dem Hauptmarkt eingerichtet. Bauzaunmatten, kreisförmig aufgestellt. Das ist das Deprimierendste, was ich je gesehen habe: Die Bauzäune waren auch noch mit Sichtschutz versehen. Straßenfastnacht nicht nur hinter Gittern, sondern auch unsichtbar. Nur die beiden kontrollierten Eingänge ließen Blicke ins Geschehen zu. Als ich in das Ghetto hinein wollte, bekam ich ein Armband umgeklebt. Ich bin mit 62 Jahren sichtbar älter als ein Jugendlicher. Es war diskriminierend. Das Wort Horror benutze ich hier als Beschreibung der Situation. Horrorshow wie das Thema bei der KG Heuschreck? Nein, keine Show - Realität! Komasaufen und Randalen ist zu begegnen, keine Frage. Aber so vorzubeugen, ist schlicht und einfach eine Kapitulation der politisch Verantwortlichen. Unserem ehemaligen Oberbürgermeister, der ein Kölner war, wäre so eine Reglementierung nie in den Sinn gekommen. Die Verhältnismäßigkeit ist von den heute politisch Verantwortlichen in einer Weise missachtet worden, wie wir es als demokratische Gesellschaft dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei der Organisation der Olympischen Spiele vorwerfen. Horror, die Vorstellung, dass nun jede größere Veranstaltung in Trier hinter Bauzaunmatten, dazu noch mit Sichtschutz über die Bühne geht. Ein Stadtfest hinter Zäunen mit Berechtigungsbändchen am Arm? Von Ghetto zu Ghetto? Es wird Zeit, dass in Trier wieder Menschen in die politische Verantwortung kommen, denen unsere Traditionen bekannt sind. Fastnacht und Karneval sind ein Lebensgefühl, insbesondere der Rheinländer. Das werden wir uns nicht zerstören lassen. Es geht alle Trierer an. Heute die Karnevalisten, morgen das Stadtfest, übermorgen der Weihnachtsmarkt. Die Ordnungskräfte sollen ordnen, nicht die Stadt in Bauzaunbezirke strukturieren. Mein Appell: Wehrt euch gegen Zäune um unsere schöne Fastnacht! Hans-Georg Becker, Schweich

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