Im Dialog: Stadtkinder besuchen die Polizei

Trier · Sie haben eine große Verkehrsbefragung unter mehr als 700 Kindern und Jugendlichen gestartet (der TV berichtete). Nun besuchten die jungen Teilnehmer der Zukunftswerkstatt 2010 die Trierer Polizeiinspektion (PI), um mit den Beamten über Gefahrenstellen in der Stadt und deren Beseitigung zu diskutieren.

Trier. Dicht mit bunten Nadeln gespickt ist die große Karte. "Jede steht für einen Unfall", erklärt Polizeihauptkommissar Hans Falk. "Jede Farbe zeigt einen anderen Unfallhergang an." Orangefarbige Stecknadelköpfe stünden etwa für Unfälle beim Wechsel von Fahrstreifen. Weiß kennzeichne Unfälle, an denen Fußgänger beteiligt seien - auch Auffahrunfälle an Zebrastreifen. Die gefährlichste Stelle in Trier finden die Kinder direkt auf der Karte: Nummer 23, die Kreuzung Martinsufer/Ausoniusstraße. 43 Mal hat es dort im vergangenen Jahr gekracht, berichtet der 59-jährige Polizist. Das hätten die Kinder, die die PI Trier besuchen, nicht gedacht. Sie hatten in einer Fragebogenaktion zehn andere gefährliche Punkte ausgemacht (siehe Extra).
742 Fragebögen


Vergangenes Jahr habe er sich mit fünf anderen Kindern bei der Zukunftskonferenz überlegt, "was uns in der Stadt stört", berichtet Florian Mock. Das seien die Gefahren im Verkehr gewesen. "Wir wollten, dass ganz viele Kinder und Jugendliche uns Gefahrenstellen nennen." So sei die die Idee einer Fragebogenaktion geboren - 742 Bögen seien ausgefüllt worden.
"Dann haben wir uns gefragt, wer zuständig ist - es sind unheimlich viele", erklärt Kerstin Schorer-Hach von der Mobilen Spielaktion, die gemeinsam mit Charlotte Kleinwächter von der Lokalen Agenda 21 die Zukunftskonferenz organisiert hat. "Und jedes Amt braucht andere Infos. Wir haben versucht, diese zusammenzutragen." Die Polizei sei sofort bereit gewesen, mit den Kindern über ihre Ergebnisse zu diskutieren, ergänzt Kleinwächter.
"Unfälle passieren, weil jemand die Verkehrsregeln nicht beachtet hat", weiß Johannes Heim (11) aus Trier. "Wir haben 2010 in der PI 4024 Verkehrsunfälle aufgenommen, an denen 20 Kinder beteiligt waren", sagt Falk, der die Unfälle in der Stadt auswertet. An manchen Stellen würden viele passieren, sogenannte Unfallhäufungsstellen. 19 gebe es in der Stadt. "Das ist relativ viel", gibt er zu. Aber: "Es gibt keine, die mit Fußgängern oder Radfahrern zusammenhängen." Besonders gefährlich seien Kreuzungsbereiche. "Die sind aber für Fußgänger relativ sicher, weil dort Ampeln den Verkehr regeln und sie schützen."
Für die Planung der Straßen sei die Stadtverwaltung zuständig. "Aber wir haben manchmal andere Sichtweisen." Deshalb prüfen Polizisten wie Hans Falk die Pläne der Straßenbauer. "Bisher habe ich in allen etwas gefunden, was nicht okay ist." Auch bestehende Straßen überprüfe er.
Trügerische Sicherheit


"Wir beobachten sensible Bereiche wie die Ampel an der Ostallee und den Kreuzungsbereich Sichel-/Deworastraße" - Stellen, die die Kinder in der Umfrage als besonders gefährlich bezeichneten. Daraufhin sei die Flanderstraße komplett für Autos gesperrt worden. Und da viele Eltern durch die Eulenpütz führen, dürften dort künftig nur noch Anlieger fahren.
Den Wunsch der Kinder nach mehr Zebrastreifen sieht Falk kritisch: "Die Erfahrung zeigt, dass sie eine trügerische Sicherheit verbreiten." Querungshilfen mit Mittelinsel auf der Fahrbahn seien sicherer. Johannes Heim hätte gerne einen Radweg in der Saarstraße. "Da sind die Verkehrsplaner gefragt", sagt Falk. Das Problem sei dort die Straßenbreite, die eingehalten werden müsse. "Da müssen Politiker und Planer umdenken", fordert der Polizist, "um anderen Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern und Radfahrern den Vorzug zu geben."742 junge Trierer haben in der Fragebogenaktion im Rahmen der Zukunftskonferenz die Verkehrssituation in der Stadt beurteilt. Entstanden ist ein Gefahrenkataster aus Kindersicht. Die gefährlichsten Punkte für die Kinder waren: Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto in die Schule bringen und durch rücksichtsloses Fahren und Parken andere gefährden wie etwa im Kreuzungsbereich Sichel-/Deworastraße; zu wenig Platz für wartende Fußgänger, etwa an der Fußgängerampel beim Alleencenter in der Ostallee oder an der Haltestelle "Stadtwerke" an der Schellenmauer; fehlende Fußgängerüberwege etwa an der Haltestelle "Mustorstraße" beim Kreishaus; parkende Autos, zu wenig Zebrastreifen wie in der Paulinstraße; Ampeln, die für Rechtsabbieger Grün zeigen, obwohl auch die Fußgänger Grün haben wie an der Porta Nigra, oder Ampeln, die so schnell rot werden, dass es niemand bei Grün über die Straße schafft; schmale Straßen ohne Gehweg wie in Ehrang; rasende Autofahrer in verkehrsberuhigten Straßen oder Tempo-30-Zonen wie Auf der Bausch oder auf dem Petrisberg. mehi

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort