Serie „Menschen und Motoren“ Diese Schönheit der Lüfte ist aus Holz gemacht
Föhren · Serie „Menschen & Motoren“: Im Hangar des Flugplatzes Trier-Föhren wartet ein Vierzylinder-Boxer darauf, einen wunderbaren Körper empor zu tragen.
Bernhard, Willi und Tom (mit bürgerlichem Namen eigentlich Thomas) verbindet vor allem eines: Es sind die unbändige Lust und das Können, den jahrtausendealten Traum des Menschen in die Tat umzusetzen, von der Erde abzuheben und zu fliegen.
Als wir zur verabredeten Zeit im Hangar auf dem Flugplatz Föhren (Kreis Trier-Saarburg) zwischen etlichen Maschinen kleineren und größeren Ausmaßes eintreffen, dreht sich hier alles nur ... ums Fliegen. Das Trio besteht aus Fliegern, Fluglehrern, Flugzeug-Ingenieuren.
Das Objekt der Begierde, um das es heute geht, ist ein besonderes seiner Art: ein Oldtimer, Jahrgang 1963. Eine italienische Schönheit. Nicht mehr ganz taufrisch. Der strahlend blaue, hölzerne Körper umhüllt die Sequoia Falco 8L wie ein eng anliegendes seidenes Kunstwerk aus den Ateliers von Versace oder Armani. In diesem Fall haben die genannten Herren jedoch ihre Inspirationen nicht zum Leben erweckt.
Das Leichtgewicht stammt vom renommierten italienischen Flugzeug-Designer Stelio Frati. Ein wunderbares Teil. Rumpf und Flächen sind eine unzertrennliche, glänzende Einheit. Ein schlankes, ästhetisches Kunstwerk. Eine handgefertigte Schönheit der Lüfte. Ökologisch und nachhaltig aufgebaut. Der Körper ist modelliert aus laminierten Fichtenschotten, die Haut aus finnischem Birkensperrholz. 560 Kilo wiegt sie. Acht Stück davon, erzählt Tom, gebe es noch in Europa. In Kleinserie wurde die Falco seinerzeit im Trentino gebaut.
Und wie kommt diese Diva aus den Wolken hier nach Föhren, in den Hangar am Ende des Rollfelds? Eine ziemlich ungewöhnliche, um nicht zu sagen seltsame Geschichte sei das, erfahren wir als Gast zwischen etlichen kleineren Maschinen. 2008, so erzählen uns unsere Gastgeber, habe der Paradiesvogel eine Bruchlandung gehabt. Seitdem habe er in Coburg (Bayern) gestanden. Im Januar 2020 sei er dann nach Trier überführt worden. Wo das strahlend blaue Teil jetzt darauf wartet, wieder seiner Bestimmung übergeben zu werden.
Der Antrieb der einmotorigen Propellermaschine liegt frei. Tom nimmt uns mit auf eine technische Exkursion. Vor uns ruht ein blankgeputzter Vierzylinder-Boxermotor. So wie er etwa im gesamten Subaru-Portfolio oder auch in alten Porsche-Modellen seine Verwendung findet. Dort nur viel seltener, im Ur-356er etwa. Sogar sowjetische Motorrad-Klassiker wie Ural und Dnjepr waren mit Motoren in Boxer-Anordnung unterwegs. Kein anderes Triebwerk als der horizontal eingebaute Boxermotor biete ein ähnliches Fahrerlebnis in einem Automobil, finden viele Puristen.
150 PS generiert er aus 5,3 Litern Hubraum. Zwei Sitze hat die Maschine. Obwohl: „Ein Platz für ein Kind“ sei schon noch drin, meint Tom. Wie viele Arbeitsstunden er an dem Havaristen seitdem verbracht habe, wollen wir wissen. Schulterzucken. Unzählige. Hunderte. Vielleicht 600, 700, 800. Sowas weiß nur, wer sie zählt. Und nicht, wer sie genießt. Auf eine Reisegeschwindigkeit von 300 km/h kommt die Falco. Die Spitze liegt bei 400 km/h. Und, darauf verweist Tom mit Stolz, kunstflugfähig sei sie.
Zumindest dann, wenn sie fertiggestellt ist. Ende dieses Jahres, so mutmaßen ihre „Väter“, soll die Falco von Föhren aus abheben. Wenn alle notwendigen Untersuchungen und Prüfungen abgeschlossen sind. Dann soll sie wieder in ihr angestammtes Revier zurückkehren dürfen. Und die Geschichte von Dädalus und Ikarus weiter erzählen. Nur mit anderem, glücklicherem Ausgang, versteht sich.