Im Kampfgetümmel fast untergegangen

Trier · Es war das vorläufige Ende einer der schwierigsten Diskussionen der Trierer Kommunalpolitik in den letzten 15 Jahren. Aber die positive Aufnahme des Schulentwicklungsplans ging im lauten Knall des geplatzten Ampelbündnisses fast unter.

 Schulkonzept: So verteilen sich die Trierer Fünftklässler auf die verschiedenen Schularten.

Schulkonzept: So verteilen sich die Trierer Fünftklässler auf die verschiedenen Schularten.

Foto: Biggi Keiser (Grafik)

Selten war so viel Einigkeit bei einem einst derart kontroversen Thema: Das 150-Seiten-Werk, das Schuldezernentin Angelika Birk unter dem Titel „Schulentwicklungsplan Trier 2010 bis 2020, Teil 1“ vorlegte, erntete fast durchweg Lob – ebenso wie die Grüne selbst. Birk wies darauf hin, dass das neue Konzept nicht mehr sei als „ein Rahmenplan, dem ab 2011 viele Einzelfall-Entscheidungen folgen müssen“. Sie hob die Rolle des Projekts „Lernen vor Ort“ heraus, das viele wichtige Erkenntnisse gewonnen habe, vor allem zum sozialen Hintergrund der Trierer Schulen.

In der Tat zeigt die Analyse, dass es zwischen der Sozialstruktur der Wohnbereiche und der eingeschlagenen Schullaufbahn in Trier einen ausgeprägten Zusammenhang gibt. Deshalb müsse man Schulen, so Birk, als „sozialraumrelevanten Faktor“ behandeln. Selbstkritisch merkte Birk an, manche Schulformen seien noch nicht umfassend behandelt worden: „Mehr war in den neun Monaten meiner Amtszeit einfach nicht drin“. Sie kündigte an, Teil 2 des Plans werde „nächstes Jahr begonnen“.

Grafik: So verteilen sich die Trierer Fünftklässler auf die verschiedenen Schularten

SPD-Vertreterin Regina Bux lobte die „umfängliche Situations- und Problemanalyse“ und stufte die Vorlage als „solide Arbeitsgrundlage“ ein. Sie sei „ein erster Schritt in einem permanenten Prozess“. Ähnlich sah es ihre CDU-Kollegin Dorothee Bohr: Die Wirklichkeit in den Schulen erfordere „oft andere Entscheidungen als der Plan“. Aber Birks Konzept sei „so weit gefächert, dass es viele Alternativen zulässt“ und so auch „auf einen sich ändernden Elternwillen reagieren kann“.

Grünen-Sprecher Gerd Dahm mühte sich, aufkeimende Euphorie zu dämpfen: Das Konzept sei „kein Bebauungsplan, der dann einfach umgesetzt wird“. Bei den notwendigen Einzel-Entscheidungen werde es womöglich „nicht mehr so einvernehmlich zugehen wie jetzt“. Für die FWG wies Hans-Alwin Schmitz darauf hin, „dass wir manche negative Entwicklung hätten verhindern können, wenn es so ein Konzept früher gegeben hätte“.

Allein FDP-Chef Karl Josef Gilles sprach von „mancher Kröte, die wir zu schlucken hatten“ und verwies auf das Interesse der Höhenstadtteile an wohnviertelnahen Grundschulplätzen. Der womöglich wichtigste Satz stand unauffällig, aber unwidersprochen in der Antragsbegründung: Die Umsetzung notwendiger Maßnahmen erfordere „die Konzentration der Hochbauaktivitäten der Stadtverwaltung auf den Schulbau“.

Meinung

Generalüberholung ist fällig

Von Dieter Lintz

Wer vor Jahresfrist vorausgesagt hätte, es gebe noch vor dem 31. Dezember 2010 einen weitgehend konsensfähigen Schulentwicklungsplan, der hätte allenfalls Gelächter geerntet. Die neue Dezernentin hat sich jede Menge Arbeit gemacht, viel kommuniziert und ein Stück Systematik in die verkorkste Debatte gebracht. Vorher wurde jahrelang viel über Strukturen und wenig über Inhalte geredet. Nun hat man versucht, bildungspolitische Inhalte zu definieren, aber dafür die lästigen Strukturdiskussionen vertagt – außer bei den Realschulen plus, wo das Land Entscheidungen erzwungen hat. Eine nachhaltige Schulentwicklung braucht aber klare inhaltliche Zielsetzungen und klare Strukturen. Es gibt also nicht mehr als eine Momentaufnahme. Bei Gymnasien und berufsbildenden Schulen fehlt jeglicher Gesamtplan. Die praktischen Handlungsempfehlungen gleichen in weiten Teilen einer Wunschliste ohne Berücksichtigung der finanziellen Realitäten. Die Arbeit geht also im Grunde erst los. Aber ein Verdienst hat der Schulentwicklungsplan allemal: Er zeigt, wie dringend nötig eine Generalüberholung der Trierer Bildungslandschaft ist.

d.lintz@volksfreund.de

Wichtige Fakten
Grundschulen:
Bestandsgarantie bis 2015. Dann wird es eng für Schulen mit kleiner Schülerzahl und ohne große Stadtteil-Verankerung.
Realschulen plus: Einrichtung von integrativen R-plus in West und Ehrang ab Sommer 2011, „baldmöglichste“ Verlagerung der jetzigen R-plus Trier-Süd zur ehemaligen Geschwister-Scholl-Schule.
Gesamtschule: Beobachtungs- und Evaluationsphase bis 2012 für die Wolfsberg-IGS. Erst dann Entscheidung über weitere, eventuell in Ehrang. G
Gymnasien und berufsbildende Schulen: Sind im Entwicklungsplan nur aufzählend behandelt, Vertiefung soll folgen. Förderschulen: Entscheidung über neuen Standort Trevererschule soll noch dieses Jahr erfolgen. (DiL)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort