Im Laufschritt durch den Tiergarten

Sie ist Uni-Dozentin und Chansonsängerin, sie schreibt an ihrer Doktorarbeit und führt zum zweiten Mal Regie bei den Vagina-Monologen: Florence Absolu. Seit zwei Jahrzehnten lebt die 50-jährige Französin in Trier. Längst hat sie ihre Lieblingsplätze in Deutschlands ältester Stadt gefunden. Davon erzählt die Künstlerin in unserer Serie.

 Den Kopf frei bekommen: Florence Absolu läuft gerne im Tiergarten in Trier-Olewig. TV-Foto: Friedemann Vetter

Den Kopf frei bekommen: Florence Absolu läuft gerne im Tiergarten in Trier-Olewig. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Einmal am Wochenende muss es sein: Dann breche ich von Feyen nach Olewig auf, um im Tiergarten zu joggen.

Mit jedem Schritt kann ich wunderbar meine Gedanken ordnen, Texte lernen - und ich lasse mich von der Landschaft inspirieren. Ich starte in einem kleinen Wald, komme vorbei an ein paar Feldern, und selbst Kühen, richtigen schwarz-weißen Kühen begegnen wir beim Vorbeilaufen! Weiter geht es auf einem kleinen Waldweg entlang eines plätschernden Baches, über eine Holzbrücke - und dann immer vorwärts im Laufschritt durch die Natur. Nur hin und wieder treffe ich auf ein paar Spaziergänger.

Das Schöne: Diese Strecke ist noch nicht so bekannt. Das ist meine Art, den Kopf freizubekommen. Ich arbeite als Dozentin für Französisch und Italienisch an der Universität Saarbrücken und habe einen Lehrauftrag für Wirtschaftsfranzösisch an der Uni Trier. Und zurzeit schreibe ich an meiner Doktorarbeit.

Den Geist entspannen kann ich auch wunderbar im Kino "Broadway". Mit gefällt das Ambiente, das junge, stets freundliche Personal, und dass dort Filme gezeigt werden, die man in anderen Kinos nicht zu sehen bekommt, weil sie keine Renner sind. Das ist mutig, und das unterstütze ich! Zuletzt habe ich mir "We want Sex", einen Film über eine Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre in einer englischen Autostadt, im Broadway angeschaut. Der Einsatz für die Rechte von Frauen liegt auch mir am Herzen. Deshalb führe ich auch zum zweiten Mal Regie bei den Vagina-Monologen, die heute und morgen Abend in der Trierer Tufa aufgeführt werden. Die New Yorkerin Eve Enslinger hat das Stück geschrieben. Es basiert auf mehr als 200 Interviews, in denen Frauen über ihre oft drastischen sexuellen Erfahrungen sprechen. Das Trierer Ensemble aus 19 Frauen hat sich eigens zu dieser Benefizveranstaltung für den Trierer Frauennotruf eingefunden. Es macht Spaß, mit den Amateurinnen zu arbeiten, die Fäden in der Hand zu halten und die Teile am Ende zu einem Ganzen zusammenzufügen.

Die Tufa-Bühne ist ein weiterer Lieblingsplatz von mir. Dort hatte ich Mitte der 90er Jahre meine ersten Berührungen als Chansonsängerin mit dem Trierer Publikum. Heute ist diese Bühne aufgrund der zahlreichen Konzerte, die ich dort seitdem gegeben habe, ein Teil von mir. Sie ist mir bis ins kleinste Detail vertraut. So wohlbekannt, wie mir mittlerweile viele Gesichter im frankophilen Trierer Publikum sind. Ich freue mich schon auf den 8. Mai, wenn ich es zu meinem Solo-Programm "Piaf - L'hymne à l'amour" in der Tufa wiedersehen werde.

Ich lebe mittlerweile seit 20 Jahren hier an der Mosel. Trier ist eine ruhige, traditionelle Stadt, manchmal langweilig, manchmal spießig - aber liebenswert. Ich mag auch ihre Ästhetik. Mein Lieblingsbauwerk ist das Dreikköniginnenhaus in der Simeonstraße. Wohl auch, weil ich die Geschichte des im 13. Jahrhundert erbauten Hauses, das ursprünglich "Zum Säulchen" hieß, sehr gut kenne. Jeden Besuch aus Frankreich schleppe ich stolz dorthin und erzähle die Geschichte dazu.

Es gibt in Trier so viele Ecken, die ich mag: Ich habe meinen Lieblingskonditor, meine Lieblingsboutique, mein Lieblingsgeschäft. Es gibt viele Gründe, weshalb ich hier gerne lebe, auch wenn es mir manchmal etwas zu eng wird.

Aufgezeichnet von Katja Bernardy -pf./jöl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort