Immer mehr arme Kinder

TRIER. Entgegen dem bundesweiten Trend konnte in Trier die Zahl der arbeitslosen Sozialhilfe-Empfänger gesenkt werden. Doch es gibt noch keinen Grund zur Freude, denn der Jahresbericht zur Entwicklung der Sozialhilfe zeigt auch, dass die Zahl der Kinder als Sozialhilfe-Empfänger weiter steigt.

"Sozialhilfe ist keine Lebensperspektive - für niemanden."Entschiedene Worte aus dem Mund des Trierer Bürgermeisters undSozialdezernenten Georg Bernarding. Die Situation auf demdeutschen Arbeitsmarkt macht auch den Mitarbeitern des TriererSozialamtes das Leben schwer. "Dennoch haben wir es geschafft,die Zahl der arbeitslosen Sozialhilfe-Empfänger unter den Standvon 1995 zu bringen", berichtet Bernarding. Er führt dieseEntwicklung auf die "sehr gute Arbeit und vor allem individuelleBetreuung des Trierer Sozialamtes in Zusammenarbeit mit demArbeitsamt" zurück. "Grundsicherungsgesetz ad acta legen"

Doch die Sozialhilfe, die ursprünglich als unterstes Auffangnetz gedacht war, wird auch in Trier von immer mehr Menschen in Anspruch genommen. 4079 Menschen waren in der Moselstadt im vergangenen Jahr auf die staatliche Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Die größten Gruppen der Sozialhilfe-Empfänger machen die Arbeitslosen, Alleinerziehenden und Rentner aus.

Das Grundsicherungsgesetz, das seit dem 1. Januar dieses Jahres in Kraft ist und älteren Menschen an Stelle der Sozialhilfe gezahlt werden soll, kritisiert Bernarding ganz offen. "Man sollte den Mut haben, dieses Gesetz ad acta zu legen und zuzugeben, dass es ein Flop ist." Der Grund für die harschen Worte liegt darin, dass ein Großteil der Rentner trotz der Grundsicherungsleistungen weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen ist.

Mit dem weit verbreiteten Stammtisch-Vorurteil "Sozialhilfe-Empfänger haben alle einen Stall voller Kinder und schaffen nichts" räumt der Jahresbericht 2002 zur Entwicklung der Sozialhilfe auf. "Die überwiegende Zahl der Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt lebt in einem Ein-Personen-Haushalt", sagt der Sozialdezernent und kann dieser Entwicklung etwas Positives abgewinnen: "Das heißt, dass nicht so viele Kinder betroffen sind."

Dennoch bereiten gerade sehr junge Menschen den Mitarbeitern des Sozialamtes die größten Sorgen, denn mittlerweile sind ein Drittel der Sozialhilfe-Empfänger Kinder und Jugendliche. Die Gruppe der bis Sechsjährigen bildet hierbei eindeutig den Schwerpunkt. In Trier erhielten im vergangenen Jahr 1384 Kinder Hilfe zum Lebensunterhalt.

Bei der Errechnung der Altersstruktur ist das Sozialamt in seinem aktuellen Jahresbericht etwas differenzierter vorgegangen. "Früher haben wir die Daten nur bis 65 Jahre ausgewertet", erklärt Bernarding. Die genauere Aufschlüsselung zeigt, dass es die oft beschriebene hohe Altersarmut nicht gibt. Auf der anderen Seite macht die Statistik deutlich, dass die Zahl der zwischen 25- und 50-jährigen Sozialhilfe-Empfänger in Trier im vergangenen Jahr etwas reduziert wurde.

Auch eine andere Tendenz der vergangenen Jahre setzt sich weiter fort: Die Mehrzahl der Menschen, die in Trier Sozialhilfe bezieht, wohnt in den Stadtteilen Trier-West, Trier-Nord und Ehrang. "Uns ist jedoch stark daran gelegen, dass diese Stadtteile nicht stigmatisiert werden", betont der Trierer Bürgermeister. Die Gründe für diese Konzentrierung liegen seiner Meinung nach darin, dass gerade in diesen Gebieten der Wohnraum finanzierbar sei und es dort Hilfsangebote gebe, die in anderen Stadtteilen nicht zu finden seien. Als positives Beispiel führte er die Entwicklung in Ehrang an: "Hier haben wir bereits eine 100-prozentige Kinderversorgung erreicht", berichtet Bernarding.

Grund zur Hoffnung gibt die Tatsache, dass die Hälfte der arbeitslosen Sozialhilfe-Empfänger innerhalb des ersten Jahres nach der Antragstellung Arbeit gefunden hat und dadurch nicht mehr auf die Hilfe angewiesen ist. "Das Ziel, Sozialhilfe als Hilfe zur Selbsthilfe zu nutzen, wird damit erreicht", sagt der Trierer Bürgermeister. Nicht so rosig sieht es jedoch für Langzeitarbeitslose aus. "Je länger jemand vom Arbeitsmarkt weg ist, desto schwieriger ist er zu vermitteln", weiß Bernarding.

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