In der Krise die Menschlichkeit bewahrt

Trier · Seit 25 Jahren kümmern sich die Mitarbeiter in der Aufnahmeeinrichtung in der Trierer Dasbachstraße um Flüchtlinge und Asylbegehrende. Bei einem Festakt gab es viel Lob, auch für die ehrenamtlichen Helfer.

 Im Chor der Aufnahmeeinrichtung (Afa) Trier treffen Kinder aus vielen verschiedenen Nationen aufeinander. Sie animieren die Gäste des Jubiläumsfests zum Klatschen und Mitsingen. TV-Foto: Martin Recktenwald

Im Chor der Aufnahmeeinrichtung (Afa) Trier treffen Kinder aus vielen verschiedenen Nationen aufeinander. Sie animieren die Gäste des Jubiläumsfests zum Klatschen und Mitsingen. TV-Foto: Martin Recktenwald

Foto: Recktenwald Martin (ten) ("TV-Upload Martin"

Trier Zwei Dinge soll eine Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) nach dem Willen der Landesregierung leisten: ein geordnetes Verfahren für Flüchtlinge ermöglichen und gleichzeitig dazu beitragen, dass es dabei menschlich zugeht. Die Schar der Gratulanten beim Festakt zum 25-jährigen Bestehen bescheinigte der Afa in der Trierer Dasbachstraße, dass beides dort gut gelingt. Die Einrichtung ist die größte und war lange Jahre die einzige dieser Erstaufnahmestellen in Rheinland-Pfalz.
Was die Menschlichkeit im Umgang mit den Bewohnern betrifft, so brachte ein Kinderchor der Afa-Spielstube die erwartete Grundhaltung in einem Lied treffend auf den Punkt: "Wir sind anders als ihr, ihr seid anders als wir. Na und? Das macht das Leben eben bunt." Die Spielstube ist ein vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) betreuter Kindergarten für Flüchtlinge auf dem Gelände der Aufnahmestelle.
Neben dem Roten Kreuz sind noch weitere Partner und zuständige Behörden auf dem Areal der ehemaligen französischen Kaserne untergebracht: Caritas, eine Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF), die städtische Ausländerbehörde und die Ermittlungsgruppe Migration der Polizei. Sie alle seien im Laufe der Jahre in die Nachbarschaft gezogen und die Zusammenarbeit habe sich bewährt, sagte Thomas Linnertz, Präsident der für die Aufnahmestellen verantwortlichen Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Trier. Demnach fänden die Menschen in der Afa beste Bedingungen vor.
Für die Betroffenen bedeuteten die notwendigen Behördenabläufe nach ihrer oft lebensgefährlichen Flucht dennoch häufig eine nervliche Belastungsprobe. "Jeden Tag haben wir nach dem Termin beim Bundesamt gefragt. Jeden Tag haben wir nach Post gesehen", schilderte Hassan Hamad das bange Warten auf konkrete Informationen. Der Palästinenser kam nach seiner Flucht im März 2015 in der AfA Trier an. Damals herrschte Hochbetrieb, die vorhandenen Kapazitäten waren bis über die Belastungsgrenze ausgereizt. Für kurze Zeit mussten Hamad und andere Geflohene sich zu zwölft einen Schlafraum in der Dasbachstraße teilen. Trotz der Anspannungen sieht er die Erlebnisse im Rückblick positiv. Man habe sich in der Afa um ihn gekümmert, bei der Vermittlung einer Wohnung in Konz und einer Arbeitsstelle sei ihm geholfen worden. Im Gegenzug sprang der Palästinenser immer wieder als Übersetzer in der Krankenabteilung der Afa ein.
Durch solche Beispiele sehen sich die Verantwortlichen bestärkt, dass man selbst in Zeiten der Krise 2014 und 2015 weder die menschliche Seite vermisst noch die Kontrolle über die Lage verloren habe. Ein paar Notlösungen und Zugeständnisse seien freilich erforderlich gewesen. "Die Beschäftigten standen ressortübergreifend zusammen", lobte Ministerpräsidentin Malu Dreyer den Einsatz der Mitarbeiter bei Afa und ADD.
Auch von außen sei die Hilfe groß gewesen: Finanzämter hätten beispielweise Beschäftigte ausgeliehen, und die Bundeswehr habe mit angepackt. Dazu habe man sich auf einen enormen Einsatz von Ehrenamtlichen stützen können, betonte Dreyer. Viele Helfer hätten berichtet, dass sie bei ihrem Einsatz einiges dazugelernt haben. "So war auch diese Ausnahmelage eine Win-Win-Situation, auch wenn sie schwierig zu bewältigen war", urteilte Dreyer.
Nach dem Bezwingen solcher hohen Wellen wolle man nun wieder in ruhigeres Fahrwasser kommen. Viele der während der Krise geschaffenen Afa-Außenstellen im Land würden inzwischen wieder geschlossen, einen Puffer behalte man aber vor. Nun konzentriere man sich auf die Verbesserung der Qualität. Laut Integrationsministerin Anne Spiegel hat dafür das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) kürzlich Rheinland-Pfalz und seinen Aufnahmeeinrichtungen gute Noten ausgestellt.
In der Dasbachstraße wurde eine bauliche Verbesserung beim Jubiläumsfest sogleich in Beschlag genommen: Trotz Nieselregens fanden sich die ersten Fußballspieler auf dem neuen, Soccer-Court genannten Kleinspielfeld ein. Eine offizielle Einweihung des Platzes ist für Herbst geplant.Extra: LANDESWEIT PLATZ FÜR 3355 MENSCHEN


Die Aufnahmeeinrichtung für Asylbegehrende (Afa) in der Trierer Dasbachstraße wurde 1992 als Reaktion auf neue Bundesgesetze zur Beschleunigung der Asylverfahren eingerichtet. Zunächst fungierte sie als Außenstelle der zentralen Landes-Einrichtung in Ingelheim (Landkreis Mainz-Bingen). Sieben Jahre später war Trier dann der einzige AfA-Standort in Rheinland-Pfalz und blieb dies bis zum Sommer 2015. Das Gelände ist derzeit zur Unterbringung von bis zu 700 Personen ausgelegt. Durchschnittlich leben Asylbewerber hier drei Monate, bevor sie auf die Kommunen verteilt werden. Das rheinland-pfälzische Integrationsministerium hat nach dem Rückgang der Flüchtlingszahlen angekündigt, Aufnahme-Einrichtungen in Ingelheim, Bitburg sowie in der Luxemburger Straße in Trier bis zum nächsten Jahr zu schließen. Schutzsuchende Menschen werden künftig vor allem in vier Afas untergebracht: Trier (Dasbachstraße), Hermeskeil, Kusel und Speyer. Dort gibt es insgesamt 3355 Plätze.

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