In der Umkleide gefilmt? Spanner-Vorfall in Schweich schlägt hohe Wellen

Schweich/Trier · Eine Facebook-Meldung löst Empörung aus und heizt die Debatte um ein Handyverbot in Schwimmbädern an. Die Betroffene outet sich erst auf Zureden von Freunden.

Der Facebook-Eintrag schlug am vergangenen Montag ein wie eine Bombe: Eine Bekannte sei im Schweicher Freibad über den Kabinenrand gefilmt worden, während sie sich umkleidete. Das postete eine Schweicherin über das soziale Netzwerk. Und sie schickte gleich eine Empfehlung hinterher: "Also liebe Frauen und vor allem Mädchen, gebt acht und meldet es sofort, wenn euch jemand verdächtig vorkommt."

Der Beitrag wurde bis heute mehr als 1000 Mal geteilt und häufig kommentiert. Das Thema Handys in Bädern ist bundesweit in den Schlagzeilen. Braucht man ein Film- und Fotografierverbot in Schwimmbädern? Wie kann man Spannern und Perversen das Handwerk legen?

Badbesucher sind in dieser Frage gespalten, wie eine Umfrage unserer Zeitung vor dem Schweicher Freibad ergab. Die wenigsten wollen ein Handyverbot. Es sei schwer umsetzbar, so der Tenor, auch seien viele Leute darauf angewiesen, immer erreichbar zu sein. "Der Bademeister soll aufs Wasser gucken und keine Handys kontrollieren", meinte eine Besucherin. Auch früher sei viel Blödsinn im Schwimmbad gemacht worden, aber man habe die Bilder halt nicht ins Internet gestellt, wie das viele Jugendlichen heute machten.

Die Betroffene aus Schweich, eine Frau mittleren Alters, die anonym bleiben möchte, hat den Vorfall vom Freitagnachmittag in der Umkleide zunächst nicht beim Badpersonal gemeldet. Auch erstattete sie keine Anzeige bei der Polizei. "Wohl weil sie zunächst zu perplex war und die Person mit dem Handy schon weg war, als sie nachschaute", meint eine Freundin. Auf deren Zureden zeigte die Frau kürzlich doch noch den Vorfall beim Bademeister und dem Ordnungsamt der VG-Verwaltung Schweich an.

"Wir verurteilen das aufs Schärfste, aber um etwas unternehmen zu können, müssen wir solche Dinge gleich erfahren", sagt Bürgermeisterin Christiane Horsch, Chefin der Bäder in Schweich und Leiwen. Die Frau hätte sofort rufen und andere auf die Situation aufmerksam machen sollen. "Das ist kein Kavaliersdelikt" sagt Horsch, "wer beim Spannen erwischt wird, bekommt Hausverbot und eine Anzeige bei der Polizei."

Ein Handyverbot im Schwimmbad, wie es einige Bäder in Deutschland bereits haben (siehe Info), hält die Bürgermeisterin für nicht umsetzbar. Alleine schon personell seien Taschenkontrollen oder die Abgabe von Smartphones nicht zu leisten. Wirksamer als Verbote sei es, Leute zu sensibilisieren, gegenseitig auf einen möglichen Missbrauch von Handys im Badbereich zu achten. Aufgrund des jüngsten Vorfalls will die Bürgermeisterin ihr Personal anhalten, öfter in den Kabinen nach dem rechten zu schauen.

In den Bädern der Region Trier gibt es kein Handyverbot, allerdings vielfach Verhaltensregeln zum Umgang mit dem Smartphone. In der Haus- und Badeordnung des Stadtbads Trier heißt es: "Das Fotografieren und Filmen fremder Personen und Gruppen ohne deren Einwilligung ist nicht gestattet." Betriebsleiter Werner Bonertz: "Wenn das doch geschieht und sich Gäste beschweren, dann schalten wir die Polizei ein." In den Saunabereich dürften Fotohandys überhaupt nicht mitgenommen werden.
Info

Fotografieren und Filmen im Schwimmbad

Es gibt immer mehr Bäder, die auf ein Foto- und Smartphone-Verbot bestehen. Als Grund werden Spanner genannt, die mit Handys oder Unterwasserkameras auf Motivjagd sind und unter anderem Kleinkinder fotografieren. Auch eine mögliche Verbreitung übers Internet wird kritisch gesehen. "Wir können nicht mehr kontrollieren, wo die Fotos landen" begründet ein Badchef die verschärften Regeln.

Einige Bäder wie das Offenbacher Waldschwimmbad geben kostenlose Buttons ab, die die Gäste während der Badezeit über die Kameralinsen ihrer Handys kleben sollen. Wer trotzdem Fotos schießt, bekommt eine Verwarnung und im Wiederholungsfall Hausverbot.

Rechtlich ist ein Handyverbot im Schwimmbad nur schwer durchzusetzen. Auf jeden Fall gilt: Ohne Einverständnis darf niemand Fotos von Fremden machen. Kommentar

Gaffer und Filmer: Das geht uns alle an

Noch wissen wir nicht, wie der Vorfall vom Freitag im Schweicher Bad zu bewerten ist. Es gibt ja keinen "Täter" und offenbar auch keine Zeugen. Vom dummen Jungenstreich bis zum sexistischen Hintergrund ist alles möglich.
Voyeure im Schwimmbad mag es immer schon gegeben haben - wer hat sich nicht schon in Kabinen umgezogen, in die Gucklöcher gebohrt waren? Aber es gibt Grenzen.

Es ist ähnlich wie bei Gaffern auf der Autobahn, die Unfälle filmen und dabei womöglich Rettungsdienste behindern: Ein solches Verhalten, nämlich das Handy zu jeder Zeit und an jedem Ort nach eigenem Gusto und ohne Rücksicht auf andere einzusetzen, darf nicht einreißen. Das geht aber nur, wenn alle mithelfen und aufpassen. Die Gesellschaft muss eine Sensibilität dafür entwickeln, wann das Fotografieren und Filmen noch Privatsache ist und wann es die Rechte oder Gefühle anderer verletzt. Sicherlich gibt es da eine Grauzone. Den Handyfilmer offen anzusprechen, ist im Zweifelsfall allemal besser und lösungsorientierter als zu schweigen. a.follmann@volksfreund.de

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