In gutem Glauben an Himmerod

Pater Stephan freut sich auf die Silvesternacht. Weil das Jahr 2011 dann endlich vorbei ist, das die Nerven aller Menschen in Himmerod so strapaziert haben muss? Aber nein.

Der Feier in der Abteikirche und der Gebete wegen.
Denn der Geistliche ist und bleibt Optimist. Der im August verkündeten Hiobsbotschaft zum Trotz, dass die Wirtschaftsbetriebe des Zisterzienserklosters insolvent sind, nachdem Buchladen und Gaststätte schon seit Jahren rote Zahlen geschrieben hatten. Der bangen Stunden zum Trotz, in denen die Mehrerauer Kongregation darum rang, ob die 876 Jahre alte Abtei bestehen bleiben soll, und ihr schließlich ein Jahr Genesungszeit gewährte. Dem Kongregationskapitel gehören 24 Klöster an, darunter Himmerod.
Und letztlich trotzt Pater Stephan auch jeder Furcht, dass die Abtei den Neuanfang nicht schaffen könnte und am Ende doch geschlossen wird.
Ob er zumindest gedanklich im Sommer schon seine Koffer gepackt habe? "Aber nein!", entgegnet der 77-Jährige und fügt schmunzelnd hinzu: "Ich wüsste auch gar nicht, wo er steht." Niemand könne jemanden aus Himmerod vertreiben. Seit 1958 ist er dort zu Hause. Als junger Mann trampte er von Hannover aus nach Himmerod, verbrachte einige Wochen dort und kehrte im Alter von 24 Jahren zurück, um für immer zu bleiben. "Die herrliche Landschaft, die Seen, Wälder und Täler - ich wollte hierher." Was sich seit damals geändert habe? Gar nicht so viel, sagt Pater Stephan. Ein zeitloser Ort. Nur die Menschen sind heute andere, viele Weggefährten leben bereits nicht mehr.
Dafür prägen nun andere Gesichter das Leben dort: Seit Oktober hat Bruder Thomas Denter, Alt-Abt von Marienstatt im Westerwald, die Leitung inne. "Er kann uns sehr helfen, ist dynamisch, aber gleichzeitig ruhig und spirituell", lobt der Mitbruder, der seit Anfang des Jahres als Interims-Abt die Geschäfte geführt hatte. Gleichzeitig freut er sich über Nachwuchs, denn zwei neue Geistliche sind seit diesem Jahr in Himmerod zu Hause. 13 Mönche sind es dann insgesamt. Früher waren es einmal Hunderte.
Dass er optimistisch in die Zukunft blickt, ist auch der "riesengroßen Solidarität" von Menschen zu verdanken, die Himmerod retten wollen. 4000 Anhänger des Klosters unterzeichneten im September eine Petition für dessen Erhalt. Im November gründete sich dann ein Förderverein, der mittlerweile etwa 200 Mitglieder hat. Der Konvent muss sich also öffnen: für neue Ideen und andere Menschen, die den Klosteralltag mitgestalten. Schließlich steht für 2012 Vieles an. Dächer und Mauern müssen erneuert, die Zimmer im Jugendhaus saniert werden. Dazu sind Spenden ebenso nötig wie ehrenamtliche Helfer. Die Betriebe sollen künftig mit Hilfe des Fördervereins geführt werden.
Und was ist Pater Stephans größter Wunsch für das neue Jahr? Sein erster Gedanke gilt kranken Menschen und Christen, die verfolgt werden, erklärt er. Nicht dem Erhalt des Klosters. "Die Ewigkeit ist eben ein großes Projekt für die Menschheit."
Ursula Quickert

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