In Trier macht "Münte" den Beck

Fünf Monate vor der Bundestagswahl laufen sich Parteigranden langsam warm: Gestern abend gastierte SPD-Chef Franz Müntefering in Trier - eine Rede mit leisen Tönen und wenig Polemik.

 „Schön hier bei euch“: SPD-Chef Franz Müntefering mit der Trierer SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer. TV-Foto: Friedemann Vetter

„Schön hier bei euch“: SPD-Chef Franz Müntefering mit der Trierer SPD-Vorsitzenden Malu Dreyer. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Schnellen Schrittes hastet Franz Müntefering, verfolgt von einem Tross Mitarbeiter und Sicherheitsbeamter, am Freitagnachmittag über den Trierer Kornmarkt, als müsse er bei der Anreise verlorene Minuten möglichst noch aufholen. Dabei ist der 69-Jährige pünktlich auf die Minute. Der flinke Schritt - womöglich soll er Geschäftigkeit signalisieren. Dann macht auch Müntefering plötzlich den Beck, schert mal links, mal rechts aus und drückt Passanten und Kellnern freundlich die Hand. "Tag, wie geht's?!"

Drinnen, im Varieté Chat Noir, wartet derweil schon die sozialdemokratische Lokal-Prominenz - ehemalige, amtierende und kommende Funktionäre sind da. 40 Minuten spricht der Parteivorsitzende über "das neue Jahrzehnt" und streift so viele Themen, dass es mitunter schwer fällt, den roten Faden nicht zu verlieren.

Was hängen bleibt: Die Sozialdemokraten haben entscheidende Entwicklungen geprägt oder vorausgeahnt. Die deutsche Wiedervereinigung ist so ein Thema, sagt Müntefering. Ohne die Ost-Politik Willy Brandts hätte es das Zusammenwachsen Deutschlands nie gegeben. Seine vier Jahre zurückliegende "Heuschrecken"-Äußerung, für die Müntefering damals scharf kritisiert worden ist, regt heute niemanden mehr auf. Kapitalismus-Kritik ist schick - auch unter Nicht-Sozialdemokraten.

Franz Müntefering war damals Parteivorsitzender, nach einer dreijährigen Auszeit ist er es jetzt wieder. "Das schönste Amt neben Papst", hat er den Posten einmal genannt. Kurze Sätze sind das Markenzeichen des 69-Jährigen, vielleicht auch eines seiner Erfolgsrezepte. Sätze wie "Opposition ist Mist" versteht schließlich jeder.

In Trier verrät "Münte" sein Vorbild: das Grundgesetz. "Da stehen ja auch nur kurze Sätze drin", sagt er: "Eigentum verpflichtet beispielsweise. Oder Männer und Frauen sind gleichberechtigt."

"Sie sind aber nicht nur gleichberechtigt", greift Müntefering die Vorlage auf, "sie müssen auch gleichen Lohn für gleiche Arbeit bekommen." Gerechtigkeit, Solidarität, Demokratie - darum geht es in der Rede des SPD-Parteivorsitzenden immer wieder. Aber natürlich auch um die Bundestagswahl im September. "Klar", sagt Müntefering, "haben die anderen noch ein paar Punkte Vorsprung. Aber das sehe ich gelassen." Im Wahlkampf könne man die Dinge schließlich noch ändern. Spätestens dann wird auch Müntefering etwas lauter und polemischer.

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