Stadtentwicklung In Trier schließen sich bezahlbarer Wohnraum und Denkmalschutz manchmal aus

Trier · In Trier-Nord gibt es theoretisch noch viel Platz für Entwicklungen. Doch bezahlbarer Wohnraum und Denkmalpflege schließen sich häufig aus.

 Das Areal der ehemaligen städtischen Gärtnerei in Trier-Nord wird derzeit vom Amt für Stadtgrün genutzt. Dass dort später Wohnungen gebaut werden, könnte an der Denkmalpflege scheitern.

Das Areal der ehemaligen städtischen Gärtnerei in Trier-Nord wird derzeit vom Amt für Stadtgrün genutzt. Dass dort später Wohnungen gebaut werden, könnte an der Denkmalpflege scheitern.

Foto: Rainer Neubert

Stadttheater, Robert-Schumann-Realschule und Egbert-Schule – diese drei Gebäude stehen exemplarisch für die Diskussion um das Thema Denkmalpflege in den vergangenen Monaten. „Wir sind unserem kulturellen Erbe natürlich verpflichtet, sollten aber auch mal den Mut haben, Dinge zu verändern“, ist Baudezernent Andreas Ludwig überzeugt. Vor allem mit Blick auf den zunehmenden Bedarf an bezahlbaren Wohnungen scheint das angebracht. Wie schwer es ist, sich gegen die strengen Regeln des Denkmalschutzes durchzusetzen, zeigen zwei aktuelle Beispiel in Trier-Nord.

Dort hat die Wohnungsgenossenschaft Am Beutelweg (Wogebe) 1995 die ehemalige Offizierssiedlung an der Wittlicher Straße gekauft. „Das war möglicherweise ein Fehler“, sagt Geschäftsführer Herbert Schacherer heute. Denn das 14 000 Quadratmeter große Areal mit den 17 „Holzhäusern“ und einigen Garagen bietet zwar theoretisch Platz für 200 zusätzliche Genossenschaftswohnungen. Seit die Siedlung vor zwei Jahren auf die Denkmalpflegeliste für die Stadt Trier gesetzt wurde, ist das allerdings nur noch ein Traum. Die geringe maximal erlaubte Gebäudehöhe auch im freien Kern des Geländes macht das unmöglich.

„Wir haben da jetzt ein Riesengrundstück mit kaum Wohnraum und hohen Kosten“, bedauert Schacherer. „Wirtschaftlich ist das für uns ein Desaster.“ Angesichts der Mietpreisbindung von sechs Euro und hoher Investitionskosten addiere sich der Verlust auf jährlich 100 000 Euro. Nun scheint auch ein zweites Projekt der Wogebe am Denkmalschutz zu scheitern: Wenn das Grünflächenamt, das inzwischen Amt für Stadtgrün heißt, von dem Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei in der Max-Brandts-Straße (siehe Karte) in das neue Stadtwerke-Technologiezentrum Am Grüneberg in Kürenz zieht, wird dieses 10 000 Quadratmeter große Areal frei. Auch hier könnte sozial geförderter Wohnraum entstehen. Doch auf Antrag einer Anwohnerin hat die Landesdenkmalpflege das Areal mit seinen Gebäuden aus den 1930er und 50er Jahren als Kulturdenkmal anerkannt.

Wo sich Denkmalschutz und Fortschritt kreuzen
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Wo sich Denkmalschutz und Fortschritt kreuzen

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Foto: Rainer Neubert

„Unter den Bedingungen des Denkmalschutzes können wir unser Vorhaben nicht realisieren, hier gemeinsam mit einer anderen Baugenossenschaft bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, ist Herbert Schacherer enttäuscht. Bereits vor zwei Jahren habe die Wogebe dieses Ansinnen der Stadt mitgeteilt. Dass nun – erst ein Jahr nach der Unterschutzstellung des Gärtnereiareals – der Denkmalstatus bekannt geworden sei, nennt er bedauerlich.

Angelika Meyer, seit 1995 Leiterin der Städtischen Denkmalpflege, sieht keinen Spielraum, zumal die Aufnahme des Areals in die Denkmalliste von der übergeordneten Behörde veranlasst worden sei. Auch Baudezernent Andreas Ludwig hat wenig Hoffnung. „Natürlich gibt es einen Konflikt zwischen dem Schutz und der wirtschaftlichen Verwertung.“ Das Gelände schreie förmlich nach einer Wohnentwicklung. „Wenn wir das als Stadt verkaufen, werden wir es aber regulär ausschreiben.“

In Trier schließen sich bezahlbarer Wohnraum und Denkmalschutz manchmal aus
Foto: TV/Schramm, Johannes

Der Dezernent kennt „jede Menge Konflikte, die zwischen Stadtentwicklung und Denkmalpflege abgewägt werden müssen“. Die Fachbehörde habe das Recht und die Pflicht, ihre Interessen zu vertreten und darum zu streiten. Generelle Kritik am Denkmalpflegeamt Trier will er aber ebenso wie Angelika Meyer nicht gelten lassen. „Wir machen ständig Kompromisse“, sagt Meyer. „Aber allen Genehmigungen muss die Landesdenkmalpflege am Ende zustimmen.“ Als Beispiel für die Kompromissbereitschaft nennt sie die geplanten Balkone beim Umbau des Olewiger Klosters. „Das wäre vor 30 Jahren noch nicht möglich gewesen.“ Ein wichtiger Hinweise sei auch die geringe Zahl von Widersprüchen und Prozessen. „Wir müssen uns im Durchschnitt nur mit einem Widerspruch pro Jahr auseinandersetzen.“

Denkmalschutz und Stadtentwicklung sind in Trier mit der römischen Vergangenheit ein besonders großes Spannungsfeld. Die Innenstadt ist nahezu komplett als Grabungsschutzzone ausgewiesen. Jedes Bauprojekt berührt automatisch die Denkmalpflege. So steht die Robert-Schumann-Realschule auf den Ruinen der Barbara-Thermen. Der Nachtclub Metropolis trug bis vor einigen Jahren als „Forum“ im Namen, was sich unter dem Gebäude und Parkplatz befindet. „Viele Dinge sind in Trier einfach nicht möglich“, stellt Meyer fest. Sie sieht darin aber auch Gutes: „Ohne Denkmalschutz würde die Simeonstraße aussehen wie die Brotstraße.“

Die Landesdenkmalpflege nimmt die 50er Jahre derzeit verstärkt in den Fokus – zum Bedauern von Wogebe-Geschäftsführer Schacherer. Der hält die Aufforderung der Verwaltung, die Genossenschaft möge sich am Bieterverfahren für die alte Stadtgärtnerei beteiligen, für „nicht unbedingt zufriedenstellend“, zumal noch vor zwei Jahren auch die Verwaltung den Plan hatte, das Gelände in die Soziale Stadt Trier-Nord zu integrieren. Schacherer ist enttäuscht. „Wir wollen unsere Aktivitäten auf Trier-Nord beschränken. Aber es gibt hier kaum mehr Potenziale.“

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