Ins Licht gerückt: Rotwild-Hegegemeinschaft Meulenwald erfasst Wildbestand nachts mit Scheinwerfern

Zemmer · Wie viele Hirsche pirschen durch den Meulenwald? Dieser Frage ging die Rotwild-Hegegemeinschaft Meulenwald nach, indem sie in zwei Nächten im März und April die Wälder und Wiesen mit Scheinwerfern ableuchtete. Für den TV war unser Mitarbeiter Manuel Beh dabei.

 Wer fährt wohin?: Das Jägerteam um Rudolf Reichsgraf von Kesselstatt (rechts) bespricht mit Hagen Flora von der Hegegemeinschaft (Zweiter von rechts) die Routen für die anstehende Fahrt. TV-Foto: Manuel Beh

Wer fährt wohin?: Das Jägerteam um Rudolf Reichsgraf von Kesselstatt (rechts) bespricht mit Hagen Flora von der Hegegemeinschaft (Zweiter von rechts) die Routen für die anstehende Fahrt. TV-Foto: Manuel Beh

Foto: Manuel Beh (beh) ("TV-Upload Beh"

Zemmer. Der Geländewagen steht am Straßenrand. Aus den hinteren Fenstern wird nach links und rechts mit starken Strahlern geleuchtet. Ein Motorengeräusch nähert sich, Licht erreicht die Fahrbahn neben uns. Ein weißer VW-Golf bleibt stehen; die Scheibe senkt sich. "Was machen Sie hier?", fragt der Fahrer skeptisch mit einem entschlossenen Unterton. Rudolf Reichsgraf von Kesselstatt, Jäger und Leiter unseres Zählungsteams, erklärt ruhig, dass wir nach Wild Ausschau halten. Der Fahrer des VW ist erleichtert und fährt schnell weiter - auf den Lippen ein "Dann ist ja gut!"
Wie ein schwarzes Loch wirkt der Meulenwald im Dunkeln. Kein Licht erreicht den Waldsaum, keine Konturen sind sichtbar. Es scheint, als ob wir die einzigen Lebewesen weit und breit sind. Doch einige Lichtstrahlen später zeigt sich: Das Wild ist aktiver als subjektiv wahrgenommen.Wiese wird ausgeleuchtet


Mit dem Geländewagen geht es der Landstraße folgend weiter. Von vorne ruft von Kesselstatt, dass links eine Wiese komme - die Aufforderung an mich, diese besonders gut und gründlich auszuleuchten. Am Waldrand steht nichts, auf dem Feld davor auch nicht. Da strahlen mich auf einmal zwei runde Kreise aus einem abgeernteten Feld an. Sie heben sich, sie senken sich, sie verschwinden. Dennoch sind mit dem Fernglas klar die langen Ohren zu erkennen. So stellt einer der Jäger im Wagen fest: Das war ein Feldhase - mein erster Hase für diesen Abend.
Von Kesselstatt blinkt nach rechts, und der Geländewagen biegt in einen Waldweg ein. Die ruhige und gleichmäßige Fahrt endet, und unebene Wege lassen den Wagen teils heftig schwanken. Um nicht von der Sitzbank im Heck des Fahrzeugs zu rutschen, müssen wir uns gut festhalten. Zudem erschweren nahe Büsche und vorbei schnellende Äste das Leuchten.
Immer wieder platscht es unter unseren Füßen. Wir fahren durch große Pfützen und schlammige Wiesen. Zum Glück hat der Wagen Allradantrieb. Es platscht nun durchgehend. Vor uns im Licht des Scheinwerfers tauchen tiefe, braune Fahrrinnen auf. Diese sagen dem ortskundigen Fahrer: Bis hierhin und nicht weiter! Im Zurücksetzen bewahrheitet sich diese Deutung: Die Räder drehen auf dem schlammigen und glitschigen Untergrund durch. Wieder nach vorne rangieren und einen neuen Versuch starten. Das Auto rutscht eher in die ursprüngliche Fahrspur, als dass es rollt. Der nächste Vorstoß sitzt und von Kesselstatt kann den Wagen wenden und sicher zurückfahren. Wenn weiter oben Hirsche gestanden hätten, wären diese bei dem aufheulenden Motorengeräusch längst im Dunkel des schützenden Waldes verschwunden.
Aber wo steht es, das Rotwild? Zurück im Wald riechen wir das frisch aufsprießende Grün der Nadelbäume, unser Atem produziert kleine Wolken, die sich im Licht des Scheinwerfers auflösen. Die kühle Luft bei einem Grad Celsius ist auf unseren Wangen spürbar. Eine Waldwiese tut sich vor uns auf. Langsam bewegt sich der Lichtkegel nach rechts. "Da!", ruft es aus dem vorderen Teil des Wagens; alle Blicke schweifen zur Seite: Elf Hirschkühe recken ihre Hälse gen Boden und bedienen sich am frischen Gras. Sie werden auf uns aufmerksam und schauen herüber.
Ein Schritt und noch einer: Sie kommen in unsere Richtung. Erhaben, aber mit einer großen Portion Skepsis und Vorsicht pirschen sie förmlich in unsere Nähe. Auf halber Strecke wittern sie wohl, dass es sich um Menschen handelt. Sie beschleunigen und rennen nach rechts.
Gelenkig schwingen sie ihre großen Körper unter einem Zaun hindurch oder springen direkt darüber. "Elf Stück Rotwild - ich fasse es nicht!", bringt einer der Jäger seine Begeisterung zum Ausdruck. Und es ist wahrlich ein romantisches Bild: Elf Hirschkühe galoppieren unter sternenklarem Himmel entlang des Waldrandes davon.
Zur Präsentation der Ergebnisse der Scheinwerfertaxation lädt die Rotwild-Hegegemeinschaft alle Interessierten für Freitag, 22. April, um 17 Uhr ins Gasthaus Wolter in Zemmer-Rodt ein.
Extra

Die Rotwild-Hegegemeinschaft Meulenwald ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Sie wurde 2012 gegründet, um dem geänderten Landesjagdgesetz nachzukommen. Ziel ist es, einen gesunden Bestand an Hirschen zu erhalten und gleichzeitig Wildschäden durch die Bejagung zu verhindern. Notwendig ist diese Organisationsform, da sich das Rotwild im Gegensatz zu Wildschweinen und Rehen auf einer großen Fläche bewegt. Diese überschreitet deutlich die kleinen Jagdreviere, erklärt Hagen Flora von der Hegegemeinschaft. So müsse revierübergreifend gearbeitet werden. behExtra

Die Scheinwerfertaxation ist eine Methode, um Wildbestände zu erfassen. Dazu fahren mehrere Fahrzeuge gleichzeitig auf bestimmten Routen ein Gebiet ab. Während der Beifahrer protokolliert und mit einem Fernglas die Tiere genauer bestimmt, wird hinten aus den seitlichen Fenstern mit leistungsstarken Strahlern in den Wald oder die Wiese geleuchtet. Diese Tour wird wiederholt, um genauere Ergebnisse erhalten zu können. Ein Korrekturfaktor wird bei der Berechnung berücksichtigt, da nicht alle Tiere gesehen werden. Die Daten dienen dazu, Abschusspläne für dieses Gebiet aufzustellen. beh

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