Integrierte Gesamtschule auf dem Wolfsberg zieht positive Bilanz

Trier · Selten ist eine Schul-Neugründung mit so viel Spannung betrachtet worden wie die erste Integrierte Gesamtschule (IGS) in Trier. Nun gibt es die ersten Zeugnisse an einer Schule, an der fast alles anders ist.

 Die Begeisterung für die Integrierte Gesamtschule in Trier ist den Schülern auf dem Schulhof anzumerken. TV-Foto: Friedemann Vetter

Die Begeisterung für die Integrierte Gesamtschule in Trier ist den Schülern auf dem Schulhof anzumerken. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Der TV hat sich in der Integrierten Gesamtschule auf dem Trierer Wolfsberg umgeschaut und umgehört.

Die Klassen: Schon der erste Blick in eine der vier IGS-Klassen zeigt ein ungewohntes Bild. Keine akkurat hintereinander aufgepflanzten Schulbänke, auch kein Hufeisen. Acht quadratische Tisch-Einheiten im Raum verteilt, von jeweils vier Schülern bevölkert wie in einem Restaurant. Na ja, schon ein bisschen enger. Ein frontales Lehrer-Pult fehlt, die Pädagogen bewegen sich durch die Reihen. Und wenn sie mal sitzen wollen, dann steht ihnen ein Tisch zur Verfügung wie ihn die Schüler auch haben.

In der Regel gehört ein Lehrer-Tandem in jede Klasse. Flankiert von Förderlehrern, wenn Kinder mit größeren Behinderungen in der Klassengemeinschaft sind.

Die Schüler: Die jeweiligen Tisch-Besetzungen sind kein Zufall. "Wir haben monatelang ausprobiert", erzählt Orientierungsstufenleiter Markus Häußler. Es ging um die ausgewogene Mischung an jedem Tisch: Mädchen und Jungs, Behinderte und Nichtbehinderte, Leistungsstärkere und Leistungsschwächere, Laute und Leise. In jeder Kleingruppe soll "möglichst große Heterogenität" herrschen. Ist sie gefunden, bleibt die Besetzung auf Dauer.

Das ist die Grundidee einer Integrierten Gesamtschule. Nicht "gleich und gleich gesellt sich gern", sondern "je unterschiedlicher, desto mehr kann man voneinander lernen", lautet die Devise. Ein Konzept, das offensichtlich aufgeht.

Die Eltern: Mit dem ersten Semester sind die Eltern hochzufrieden. "Sehr engagierte Lehrer" sieht der Elternbeiratsvorsitzende Thomas Goebel an der Arbeit - in einer Schule, die versuche, "allen gerecht zu werden". Noch wichtiger: Die Kinder selbst seien "ganz überwiegend begeistert". Nachbesserungsbedarf gebe es noch in Bereichen wie Garten und Cafeteria, sagt Goebel, aber das ist wohl der Aufbau-Phase geschuldet. So wie die noch nicht besonders heimelige Dekoration im Fünftklässler-Trakt.

Die Lehrer: Viele der Lehrer, die IGS-Leiter Josef Linden zur Verfügung stehen, sind neu gekommen, weil sie gezielt an einer integrativen Schule arbeiten wollten. Eine "schulscharfe Ausschreibung" macht es möglich, die richtigen Leute an die richtige Stelle zu bringen. Schulsozialarbeiter und Fachpersonal für das Ganztagsangebot kommen hinzu. 90 Prozent der Kinder haben die Variante von 8 bis 16 Uhr gewählt - eine elementare Voraussetzung für das Gelingen des Konzepts.

Ohne die Integration von Unterricht, selbstständiges Lernen, Arbeitsgemeinschaften für Sport oder Musik sowie gemeinsam gestalteter Freizeit würde der IGS das Herzstück fehlen. Aber es ist keineswegs so, dass alle immer das Gleiche machen. "Wir bieten Differenzierung auf bis zu vier Leistungsniveaus", erklärt Markus Häußler. Die Schüler dürfen mit aussuchen, was für sie passt. Überraschende Erkenntnis: "Die meisten wollen nicht das einfachste und bequemste, die muss man sogar bremsen, damit sie sich nicht übernehmen".

Die Bewertung: Auch Zeugnisse sehen an der IGS anders aus. Zwar gibt es das berühmte Notenblatt, aber dazu kommt eine mehrseitige, detaillierte Bewertung für jeden einzelnen Schüler, die die simplen Kopfnoten "Betragen" und "Mitarbeit" ersetzt. Auf dieser Basis gibt es zu Beginn des zweiten Halbjahrs ein "Schüler-Lehrer-Elterngespräch", in dem eine individuelle Zielvereinbarung bis Schuljahresende geschlossen wird.

"Mordsmäßig viel Arbeit" sei das, betont Markus Häußler, aber es fördere auch nachhaltig die Zufriedenheit mit dem Lehrerberuf.

Der Träger: Auch mit der Stadt als Träger ist man auf dem Wolfsberg zufrieden. "Super-Arbeit" habe das Bauamt im vorigen Sommer bei der Einrichtung der ersten vier Klassen geleistet, die wunschgemäß in einem gemeinsamen Trakt liegen. Nach den Osterferien werden die nächsten beiden Klassenstufen in Angriff genommen. "Wir hoffen sehr, dass das D-Zug-Tempo beibehalten wird", sagt Schulleiter Linden.

Die Zukunft: Der spannendste Moment steht ihm und seinen Mitarbeitern am 29. Januar ins Haus, wenn die viertägige Meldefrist für die Neuaufnahmen beginnt. Voriges Jahr gab es 150 Anmeldungen auf 112 Plätze. 98 gingen an Schüler aus der Stadt, aber immerhin auch 14 an Kinder aus dem Landkreis. Wenn die Nachfrage weiter wächst, könnte irgendwann die Frage nach einer zweiten Trierer IGS im Raum stehen.

Infos zur Anmeldung gibt es im Internet: www.igs-trier.de

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