Jackezupfen erwünscht

Auf sein 100-jähriges Bestehen blickt der Katholische Gehörlosenverein "Franz von Sales" Trier zurück. Das Jubiläumsprogramm reichte vom Festgottesdienst bis zum geselligen Beisammensein mit Theaterunterhaltung.

 Unterhielt mit einem bunten Bilderbogen nach Wilhelm Busch bei der Jubiläumsfeier des Katholischen Gehörlosenvereins: Die Theater AG der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule. TV-Foto: Ludwig Hoff

Unterhielt mit einem bunten Bilderbogen nach Wilhelm Busch bei der Jubiläumsfeier des Katholischen Gehörlosenvereins: Die Theater AG der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule. TV-Foto: Ludwig Hoff

Trier. (LH) Das wohl schönste Geburtstagsgeschenk zum 100. Jubiläum des Katholischen Gehörlosenvereins "Franz von Sales" Trier überbrachte die Theater-Arbeitsgemeinschaft der Wilhelm-Hubert-Cüppers-Schule mit einem Bilderbogen nach Wilhelm Busch unter dem Titel: "Und sündhaft in der Mensch im Ganzen!" Jedenfalls war es mucksmäuschenstill im Pfarrsaal St. Matthias, wo der weltliche Teil des Jubiläums stattfand. Ergreifend war ebenfalls der Gottesdienst in der St. Matthias-Basilika mit Dompropst Werner Rössel, Pfarrer Ralf Schmitz, Gemeindereferentin Katja Groß und dem Gebärdenchor.

"Sie feiern ein wunderbares Jubiläum", sagte Oberbürgermeister Klaus Jensen bei seinem Besuch. Wenn Gehörlose heute eine andere, bessere Stellung in der Gesellschaft haben, sei dies mit ein Verdienst ihres Schutzpatrons Franz von Sales. Für viele Gehörlose sei der Verein zu einem Stück gelebter Heimat geworden, sagte der erste Vorsitzende Gerhard Schnebele. Wenn er einen Wunsch frei habe für die Zukunft, dann den, dass der Verein weiterhin eine gute Entwicklung nehme und auch der Nachwuchs ein klein wenig zulege.

Der 1909 als "Katholischer Taubstummen-Männer- und Jünglingsverein Franz-von-Sales" gegründete Zusammenschluss präsentiert sich heute als ein moderner Verein. Sein Markenzeichen ist die Gemeinschaft. Unterschiede zwischen den Generationen seien unter Gehörlosen viel weniger ausgeprägt als in der "normalen" Gesellschaft. Was auffällt: Gehörlose begrüßen sich viel körperbetonter. Es wird sich umarmt oder auf die Wangen geküsst. "Jackezupfen ist unter Gehörlosen ausdrücklich erwünscht", sagt eine Beobachterin. Dies sei eine besondere Art, auf sich aufmerksam zu machen.

48 Mitglieder zählt der Verein zurzeit. Zu den monatlichen Versammlungen - jeweils am vierten Sonntag im Monat - treffen sie sich im Herz-Jesu-Pfarrheim in der Friedrich-Wilhelm-Straße 53a. Vorher findet ein Gottesdienst der Gehörlosen-Seelsorge statt. Mit Festen zu den unterschiedlichsten Anlässen, Ausflügen und anderen Begegnungen ist der Gehörlosenverein ein Verein wie andere auch. Nur dass es dabei weniger laut zugeht und Gestik, Mimik und Körpersprache im Mittelpunkt der Kommunikation stehen.

Für 40 Jahre Mitgliedschaft geehrt wurden: Nikolaus Schmitt, Peter Pohr (beide Föhren), Günter Thiel (vormals Trier, jetzt Karlsruhe) und Werner Bönnenberg (Trier).

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