Jecker Jupp vom Zoch

TRIER. Die Orden klimpern auf der Brust, weiteres Edelmetall hängt an der Weste, der Hut sitzt vorwitzig auf dem Kopf und die pinkgestreifte Fliege gerade unter dem Kinn. Josef Thömmes wirft einen letzten, prüfenden Blick in den Spiegel. Ja, so kann die fünfte Jahreszeit beginnen.

"Wir gehen bei jedem Wetter", sagt Josef Thömmes. Und das nun schon seit 30 Jahren, ohne Ausnahme. Damals packte ihn "das Karnevalfieber", als sein Sohn Michael 1975 alleine als Rosi-Mittermeier-Fan im Zug mitlief. Ein Jahr später wurde die Idee zur eigenen Gruppe geboren, als Thömmes sich über das Missverhältnis von Sportmöglichkeiten an Schulen aufregte. Der jecke Jupp, wie ihn so einige Trierer Karnevalisten liebevoll nennen, ist aus dem Bild des Rosenmontagszugs seither nicht wegzudenken. Der närrische Lindwurm kriecht nicht ohne die "Gruppe Josef Thömmes" im Block der Roten Funken, wo Thömmes seine "karnevalistische Heimat gefunden" hat, durch die Trierer Straßen. "Der schönste Satz am Rosenmontag ist: Dän Zoch gieht. Da kriege ich fast Hühnerhaut. Es ist das Größte, wenn er sich bewegt." In jedem Jahr haben Thömmes und seine Gruppe sich lange auf den großen Tag vorbereitet, sich ein neues Motto ausgedacht. "Wenn es geht, sind das immer Trierer Motive", sagt der heimatverbundene 67-Jährige. Preisgekrönte Themen waren die "Trierer Schlafmützen", "Kohl aus Bonn und Kaapes aus Trier", die "Rathausputzfrauen", "Lauter Trierer Backfische" oder "Trappens Paul, der stärkste Mann der Welt". Im Jahr 2001 gingen die Narren zur eigenen Silbernen Gruppen-Hochzeit mit Pastor, Drehorgelspieler und Gästen. "Dafür haben wir ein Jahr lang nach historischen Kostümen gesucht", erzählt Thömmes. In diesem Jahr steht das Motto "Seit 30 Jahren sind bei uns alle Mäuse blau" auf dem Plan. Viel mehr verrät er darüber noch nicht. Als eine der wenigen Fußgruppen treten Jupp und seine Jecken nie ohne ein selbst gestaltetes Schild auf. Accessoires werden gebastelt, die Kostüme sind maßgeschneidert. "Als wir als Gartenzwerge gegangen sind, haben wir noch am Karnevalssamstag gezittert, ob Oma Ursel Strothmann alle 20 Kostüme fertig bekommt." Thömmes ist immer gut für alle Notfälle ausgerüstet. "Sicherheitsnadeln, Gummizugband, Taschentücher, Pflaster, Fotoapparat - der Papp hat alles dabei." Seine Gruppen-Mitglieder besorgen Bonbons, Getränke und den Bollerwagen und schminken. "Wenn man zusammen Helau ruft, muss man auch vorher zusammen arbeiten, bis alles steht", sagt Thömmes. Er setzt auf Teamgeist und Zusammenhalt in seiner Gruppe, die für ihn mehr als eine Narrenschar ist, die sich einmal im Jahr zum Lachen trifft. "Die Kinder, die mitgehen, sind ein bisschen meine Ersatz-Enkel. Wir halten wie eine Familie zusammen", sagt Thömmes. Geburten, Hochzeiten, Geburtstage und Jubiläen werden wie das jährliche Sommerfest gemeinsam gefeiert. Das erste Wort, das Neugeborene und Frischverheiratete zu hören bekämen, sei ein schallendes Helau. "Ich bin sehr stolz, dass ich eine so junge und schöne Freundesschar um mich habe. Das hält mich fit und fidel", sagt Thömmes. "Jeder hat im Leben schon mal Kümmernisse und Sorgen. Aber der Karneval ist etwas, wo man richtige, echte Freunde hat und für einige Stunden die Probleme vergessen kann. Das tut sehr gut." Vielen Familien und Paaren sei es nicht möglich, den Rosenmontag gemeinsam zu verbringen, weil sie arbeiten müssten und die Geschäfte im Gegensatz zu früher geöffnet hätten, bedauert Thömmes. "Hier wird altes Brauchtum mit Füßen getreten", sagt er. "Es liegt mir sehr am Herzen, das zu kritisieren. Ich könnte mir bei meiner Liebe zum Karneval nicht vorstellen, am Rosenmontag zu arbeiten." Spricht's, richtet die Orden auf der Brust aus, setzt seinen Hut auf den Kopf, zupft die gestreifte Fliege zurecht und ruft: "Trier Helau."SEITE 13

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