Jede Menge schräge Typen

"Stress off dao Mess" - so heißt das neue Stück des Kleinen Volkstheaters. Es führt die Zuschauer in die Atmosphäre einer traditionellen Peter&Paul-Kirmes in den 20er Jahren, mit Schiffschaukel, Flohzirkus, Lebkuchenherzen - und jeder Menge schrägen Typen.

 Flohzirkus-Direktor Theis (links, Helmut Leiendecker) kassiert bei den Wahrsagerinnen Salome (Gabi Hahn) und Antonella (Elke Schönberger) das Kirmesgeld ab. Im Hintergrund Pierre (Franz Wanninger). TV-Foto: Friedemann Vetter

Flohzirkus-Direktor Theis (links, Helmut Leiendecker) kassiert bei den Wahrsagerinnen Salome (Gabi Hahn) und Antonella (Elke Schönberger) das Kirmesgeld ab. Im Hintergrund Pierre (Franz Wanninger). TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. (DiL) Es muss ein schönes Gefühl für ein Theater sein, wenn man sich um die Begeisterung des Publikums keine Sorgen machen muss. Jubel gleich am Anfang für das stimmungsvolle Kirmes-Bühnenbild, Beifall bei fast jedem Auftritt, nicht zuletzt wegen der tollen Kostüme, Szenen-Applaus für die Akteure bei den meisten Abgängen. Ach ja, und bis März sind alle Vorstellungen schon ausverkauft.

Die Truppe vom Römersprudel hat sich das Vertrauen des Publikums über Jahre redlich erarbeitet. Die bescheidene Bezeichnung "klein" wird diesem Volkstheater inzwischen nicht mehr gerecht. Das ist pralle Komödie, die durchaus professionellen Ansprüchen genügt.

Das beginnt schon bei Helmut Leiendeckers gereimtem Prolog im Stil der klassischen Commedia dell'arte. Leiendecker, Regisseur und zusammen mit seiner Frau Birgit auch Autor des Stückes, gibt den Flohzirkus-Direktor Theis, der das skurrile Panoptikum von Kirmes-Beschickern anführt. Darunter saftige Typen wie der kölsche Schiffschaukelbremser Günni (Dialekt-Genie Frank "Hoffi" Hoffmann in Bestform) und die geheimnisvolle Wahrsagerin Salome (gewohnt spielfreudig: Gabi Hahn). Natürlich gibt es auch finstere Gegenspieler wie den Baulöwen Wilhelm Baala (Manni Esser), seinen Leibwächter Kannalje-Bubi (köstlich grimassierend: Martin Franzen) und die streitsüchtige Ehefrau Waltraud, von Sonja Schwind als herrlich überdrehte Furie gespielt, deren Vokabular locker eine Neuauflage des Schimpfwort-Buchs "Trierer Kalenner für Mauler un Schänner" hergäbe.

Klar, dass alle Irrungen und Wirrungen, die zum Volkstheater gehören, nicht fehlen dürfen. Aber es gelingt auch, ein Stück Trierer Stadtgeschichte aufzugreifen, mit dem legendären Schwerathleten Paul Trappen. Der war einst stärkster Mann der Welt und auf dem Weg zum Olympiasieg, als seine Karriere einem läppischen Verstoß gegen das Amateur-Statut zum Opfer fiel. Die Aufführung stellt seinen sensationellsten Auftritt nach, als er in Trier zwei Ochsen in die Luft hob. Der vielleicht bewegendste Premieren-Moment: Diesen Part übernimmt Trappen-Enkel Paul, dem Großvater wie aus dem Gesicht geschnitten - und mit einem ähnlichen Bizeps gesegnet. Da ist das Stück schon beim furiosen Finale angekommen: Eine quietschkomische Parodie auf die derzeit schwer im Trend befindlichen Boxkämpfe, inklusive rockmusikalisch untermaltem Einmarsch durchs Publikum und Hoffi Hoffmann als unübertreffliche Michael-Buffer-Imitation. Da stimmen Tempo und Dramaturgie, da fallen die Gags wie reife Viezäpfel im Spätherbst, und die Darsteller (Franz Wanninger, Elke Schönberger, Natalie Trappen, Jörg Elenz, Heinz Böse, Heinz Heiser und der unverwüstliche Adi Schäfer) sind mit mindestens so viel Spaß dabei wie die 330 Zuschauer, die am Ende stehend applaudieren. Gute Nachricht für alle, die keine Karte mehr für die zehn Vorstellungen bis März ergattert haben: Volkstheater-Chefin Gabi Hahn hat schon eine zweite Aufführungs-Serie angekündigt.

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