Jede Minute ist kostbar

TRIER-NORD. "Ich kann noch ein paar Runden laufen", sagt die sechsjährige Julia Baumen, nimmt die siebenjährige Freundin Zoe de Chenion an die Hand und spurtet über die Laufbahn des Moselstadions. Die beiden gehen in die erste Klasse der Martin Grundschule, die zu einem Spenden-Sammel-Lauftag einlud.

"Wir sollen das Geld spenden für die betroffenen Menschen der Flutkatastrophe. Da sind viele Kinder ertrunken und die anderen sind sehr traurig", sagt Julia. Obwohl das Naturunglück in Südostasien bereits mehr als vier Monate zurückliegt, ist den Kindern das schlimme Ereignis im Gedächtnis geblieben. "Aus einer persönlichen Betroffenheit war es selbstverständlich, dass wir helfen wollten", erklärt Schulleiterin Friederike Becker die Motivation. Denn die indonesische Familie einer Schülerin der Martin Grundschule, Anisa Reichardt, ist selbst durch die Flutkatastrophe in Mitleidenschaft gezogen worden (der TV berichtete). Der Schulelternbeirat und die Schulleitung setzten sich zusammen und berieten über eine Spendenaktion. Mit einem Lauftag sollte jedes Kind und jede Familie etwas beitragen können, um die Familie Reichardt zu unterstützen. Die Jungen und Mädchen suchten sich bei Bekannten, Freunden oder in der Familie Sponsoren, die für jede gelaufene Minute einen bestimmten Betrag spenden sollten. Die Eltern sorgten für Getränke, hielten sich für Erste Hilfe an der Laufbahn bereit und feuerten ihre Sprösslinge kräftig an. "Kurzfristig wollen wir natürlich der Familie helfen", sagt die Schulleiterin, "langfristig wollen wir aber auch etwas tun. Der Schulelternbeirat hat überlegt, sich um eine Schulpatenschaft zu bemühen. Die Schwester von Frau Reichardt ist Grundschullehrerin in Banda Aceh und könnte den Kontakt vermitteln." Es sei wichtig für die Kinder, dass das Thema konstant verfolgt werde und im Gespräch bleibe. Eine Bilderwand soll in der Zukunft auch den Verlauf der Aufbauarbeiten und der Unterstützung durch die Schule dokumentieren. Insgesamt haben die Grundschüler bei der Aktion 2190 Euro erlaufen. Wie und wofür genau das Geld nun eingesetzt werden soll, wird der Schulelternbeirat mit der Familie Reichardt besprechen.Viel trainiert und ohne Pause gerannt

"Ich habe damals in den Nachrichten gesehen, wie schlimm das war und was da in Asien passiert ist. Mir tut das sehr leid für die Menschen. Es sind viele gestorben. Alles, auch die Schulen, war kaputt", sagt die siebenjährige Hamim Ersoy. "Aber es ist toll, dass man durch Laufen helfen kann. Ich habe vorher viel trainiert, aber hätte nicht gedacht, dass ich so lange laufen kann." 24 Minuten ist die Zweitklässlerin ohne Pause gelaufen. Mit rot erhitzten Wangen, schweißnassem Gesicht und müde gelaufenen Beinen ruht sie sich mit 100 anderen Schülern nach dem kollektiven Rundendrehen auf den Tribünen aus - ausgelaugt, aber stolz und glücklich über ihre Leistung.

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