Jedes Blatt zweimal umdrehen

Ludwig Breiling ohne die Arbeit in Weinberg und Keller: Eigentlich ist das eine Vorstellung, die nicht stimmig ist. Denn dem Keller- und Winzermeister ist seit über 40 Jahren im Weingut Karthäuserhof die Weinbereitung ins Blut übergegangen. Mit seinem 65. Geburtstag hat er die Verantwortung an seinen Nachfolger übergeben.

 Wein als Lebensaufgabe: Ludwig Breiling ist Winzer und Kellermeister mit Hingabe und Leidenschaft für den Wein. TV-Foto: Cordula Fischer

Wein als Lebensaufgabe: Ludwig Breiling ist Winzer und Kellermeister mit Hingabe und Leidenschaft für den Wein. TV-Foto: Cordula Fischer

Ruwer-Eitelsbach/Mertesdorf. "Filigranität", "fruchtige Aromen", "feinfruchtige Säure und die Mineralität des Schiefers" und vor allem: "Der Wein muss noch nach Traube schmecken." Wenn ein Tropfen das in sich vereint, ist das für Ludwig Breiling der perfekte Wein. Und davon hat er eine ganze Menge "gemacht". Als Kellermeister und Verwalter auf dem Karthäuserhof im Nachbarort Eitelsbach und auf seinen eigenen Weinbergslagen, vornehmlich dem Mertesdorfer Herrenberg. "Ein Riesling von uns muss nicht durch immense Fülle bestechen. Der Riesling ist ein vornehmer Wein."

Seine Handschrift ist ebenso unverkennbar wie die Identität des Weinbergs. "Das Terroir ist für mich nicht nur der Boden, dazu gehört auch die Pflanze, wie man mit den Blättern umgeht, und dazu zählt auch die Kellerwirtschaft."

Seine Qualitätsphilosophie: "Im Keller so viel wie nötig und so wenig wie möglich" machen. Denn "die Natur gibt 100 Prozent der Qualität - natürlich bei guter Pflege - vor. Der Kellermeister muss versuchen, diese 100 Prozent in die Flasche zu bringen". Über die Erfolge, die Breiling vor allem mit seinem Chef Christoph Tyrell in den vergangenen Jahrzehnten auf seinem Konto verbuchen konnte, spricht der 65-Jährige wenig. Zu groß war immer neben der Herausforderung auch die Belastung: "Kann ich den Anforderungen gerecht werden?", habe er sich immer wieder gefragt. Auszeichnungen - sicher habe er sich darüber gefreut, "aber ich weiß, wie schwer es ist, das Niveau zu halten und die Erwartungshaltung immer zu erfüllen". Mehr als erfüllt hat er die Erwartungen der Weinwelt, hochgelobt und preisgekrönt sind viele der Jahrgänge, für die Breiling verantwortlich war. Aber erst im Rückblick könne er richtigen Stolz auf das Erreichte empfinden, und das ohne die Last der Verantwortung auf seinen Schultern zu spüren. Gleichzeitig mit seinem 65. Geburtstag hat Ludwig Breiling sein Berufsleben beendet. Ein konsequenter Schnitt. "Das war mir wichtig, damit ich meinem Nachfolger freie Hand geben kann." Einiges nachholen will er, sich seiner Familie widmen, und dann sind da ja noch der Sportverein und der Gemeinderat, wo er sich bereits in der vierten Amtszeit engagiert.

Trockenbeerenauslese ist das Maß aller Dinge



Aber vor allem "habe ich jetzt Zeit, jedes Blatt zweimal umzudrehen", sagt Breiling, denn den eigenen Weinberg pflegt er mit Hingabe. Mühsam aufgebaut, hat er in den 70er und 80er Jahren lange Durststrecken überstehen müssen. "Der Durchbruch kam mit dem 1990er", erinnert er sich und erzählt die Anekdote, wie seine Frau Rita und er die trockene Spätlese sonntagsmorgens verkostet haben und nicht sicher waren, ob sie den Wein abfüllen sollen. Später hat Landtagspräsident Christoph Grimm die Spätlese als schöne Rückbesinnung an die Trierer Heimat mit nach Mainz genommen. "Das Maß aller Dinge" - Trockenbeerenauslesen - zu ernten, "war mir nur zweimal die Möglichkeit gegeben"; er nennt die Jahrgänge 1989 und 2007. Und einen besonderen Eiswein brachte er in einer ebensolchen Nacht ein: es war die Nacht, als seine Eltern goldene Hochzeit feierten.

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