(K)ein Zimmer mit Aussicht

Unter primitiven Verhältnissen leben etwa 15 Obdachlose in dem Felsengelände zwischen Biewer und Pallien. Einer davon ist Volker, der dort seit 16 Jahren haust. Jetzt wollen die Vereinigten Hospitien als Eigentümerin des Geländes die Hütte des knapp 60-Jährigen räumen lassen.

 Das Bild zeigt die Hütte, die sich Volker in vielen Jahren direkt am Fels eingerichtet hat. Auf das Foto wollte Volker nicht. TV-Foto: Gabriela Böhm

Das Bild zeigt die Hütte, die sich Volker in vielen Jahren direkt am Fels eingerichtet hat. Auf das Foto wollte Volker nicht. TV-Foto: Gabriela Böhm

Pallien/Biewer. "Angenehm warm" findet Volker es an diesem Tag - bei Temperaturen knapp über dem Nullpunkt und Schneefall am Morgen. Schließlich "buddelt er ständig im Felsen, und dabei wird es einem warm". Eine Bemerkung, die sich erst später erschließt. Was sich der Mann in den Jahren seines Wohnsitzes im Felsengelände dort zurechtgezimmert hat, ist eine abenteuerliche Behausung: Nippes steht herum, Zimmerpflanzen, Bücher und Fotos, Kleidung und Obstkörbe baumeln an Metzgerhaken von Dachbalken in der schätzungsweise zwölf Quadratmeter großen Bude. Ein paar Kleinmöbel vom Sperrmüll, ein provisorischer Holzboden, aus dem im Laufe des Gesprächs irgendein Nagetier huscht. Ein Bollerofen wärmt die Hütte nicht nur erstaunlich, sondern verbreitet auch einen beißenden Geruch.

Es ist das Zuhause eines Mannes, der sich selbst als Märchenerzähler bezeichnet und bei dem man nicht weiß, wo Traum und Wirklichkeit liegen. Schließlich geht es Volker "um den Grundstein zur Heiligkeit der Stadt Trier", die er im Felsen vermutet. Dort arbeitet er seit Jahren an der Bergung einer Tempelanlage, die er dort vermutet, und steht mit der Entdeckung nach seiner Einschätzung "eine Minute vor zwölf". Erst neulich habe er einen Quader "rausgehauen im Berg".

Richtig schlau wird man nicht aus dem Mann. Flinke helle Augen in einem Gesicht, das vom Leben in der Natur erzählt, ein Gestrandeter, der sich das Arbeiten im Fels zur fixen Idee gemacht hat. Von gefährlichen Momenten berichtet Volker, von Erscheinungen, die ihm den rechten Weg wiesen.

Jetzt soll Volker raus aus seiner Hütte. Die Vereinigten Hospitien wollen, dass er bis zum 4. Februar weg ist. "Wir haben ihn schon mehrfach aufgefordert", bestätigt der Geschäftsführer Hubert Schnabel. Bei dem Hang handele es sich um einen höchst sturzgefährdeten Bereich. Man müsse ihn und auch die Mitarbeiter schützen, die im Weinberg arbeiteten. Schließlich gehe es nicht an, dass der Obdachlose in diesem sensiblen Gebiet einfach den Fels abgrabe. "Die sind im Recht, ich akzeptiere das", sagt Volker, "aber moralisch ...?"

Ein Rechtsanwaltsbüro hat sich der Sache angenommen. Wohin geht er, wenn das Gelände wirklich geräumt wird? "Dann gehe ich nach Santiago de Compostella, da kann ich mir Gedanken machen. Ich weiß, dass der Herr auf meiner Seite ist." Ob er nicht an eine feste Wohnung denkt?

"Man sollte nie nie sagen, ich lasse mich vom Schicksal leiten." Aber jetzt wolle er sich einem gerade angekommenen neuen Besuch widmen und danach weiter im Fels arbeiten. Eifrig reibt er sich die erdverkrusteten Hände. Er schuftet eben gerne.

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